Seit der Veröffentlichung steht Lauterbachs Bundes-Klinik-Atlas in der Kritik. Nun hat die Suchmaschine ein Update erhalten.
Neues UpdateExperte über Bundes-Klinik-Atlas: „Das Portal muss unabhängig sein“
Im Mai hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Bundes-Klinik-Atlas vorgestellt. Seitdem gab es vor allem eines: Kritik. Im Wesentlichen soll der Klinik-Atlas des Bundesgesundheitsministeriums Patientinnen und Patienten informieren und helfen, für ihren bevorstehenden Eingriff aus rund 1.700 Krankenhäusern in Deutschland das richtige auszuwählen. Kliniken kritisierten unter anderem fehlerhafte Angaben. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wendete ein, dass es bereits ein solches Angebot gibt: ihr Deutsches Krankenhausverzeichnis.
Die Kritik am Atlas sei verständlich und notwendig, wenn sie sich auf fehlerhafte Einträge oder Verknüpfungen und die vorschnelle Veröffentlichung bezieht, sagt Thomas Moormann, der Leiter des Teams Gesundheit und Pflege des Verbraucherzentrale-Bundesverbands. „Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat allerdings das grundsätzliche Anliegen, mit dem Atlas ein transparentes und benutzerfreundliches Portal zu erarbeiten, infrage gestellt und daraus im Vorfeld der Veröffentlichung eine regelrechte Kampagne gegen den Bundes-Klinik-Atlas aufgezogen – und damit begonnen, bevor die ersten Fehler entdeckt wurden.“
Die Suche der Deutschen Krankenhausgesellschaft kritisiert Moormann als tatsächlich wenig benutzerfreundlich. Informationen, die für die konkrete Suche einer Person nach einem Krankenhaus gar nicht relevant seien, sollten vermieden werden. Als Beispiel nennt Moormann die Gesamtbettenzahl eines Krankenhauses oder die Anzahl der im Krankenhaus insgesamt beschäftigten Anästhesisten. Diese sei beispielsweise bei der Suche nach einem Krankenhaus für eine Leistenoperation völlig irrelevant.
Experte spricht von Qualitätsproblem in Krankenhauslandschaft
Ende des Jahres soll eine Einteilung in Level erfolgen, was ebenfalls stark kritisiert wird. Das hängt wiederum mit der Krankenhausreform zusammen: Dadurch soll nach Lauterbachs Plänen die Spezialisierung und damit auch der Qualität der Versorgung steigen. Die Level würden dann Spezialisten besser dastehen lassen. Laut Moormann grundsätzlich der richtige Weg: „Zurzeit bieten viele Krankenhäuser die Eingriffe an, die lukrativ sind. Und das sind viel zu viele.“
Thomas Moormann nennt als Beispiel die Stadt Essen: Dort gebe es im Umkreis von 25 Kilometern 70 Kliniken, die eine künstliche Hüfte anbieten. „Es braucht eine Spezialisierung“, sagt der Experte. „Daher ist die Bildung von Level und Leistungsgruppen hochgradig sinnvoll – wenn man es richtig macht.“ Dass die Krankenhausreform zu einer Konzentration und Spezialisierung führt, sieht die Verbraucherzentrale mit „Bedenken“.
Klinik-Atlas: Verbraucherzentrale fordert Patientenbefragungen
Um den Klinikatlas zu einer echten Hilfe werden zu lassen, solle man Patienten mit Befragungen einbeziehen, so die Verbraucherzentrale. Waren genug Pflegekräfte auf der Station? Wie war das Befinden nach dem Aufenthalt? Thomas Moormann will, dass Menschen auf der Suche nach einer Klinik aus erster Hand erfahren: „Was kann ich erwarten, wenn ich diesen Eingriff in diesem Krankenhaus machen lasse?“ Aktuell werde diese Frage nicht beantwortet.
Der Leiter des Teams Gesundheit und Pflege spricht sich zudem für zwei Schnittstellen aus: Erstens soll der behandelnde Arzt über die Software seiner Praxis direkt auf die Informationen aus dem Klinik-Atlas zugreifen können. Dafür müsse der Atlas fehlerfrei sein, was derzeit noch nicht der Fall sei. Insofern sei der Klinik-Atlas „vorschnell online gegangen“. Zweitens müsse der Atlas mit der elektronischen Patientenakte verknüpft werden. „Beides ist aktuell nicht geplant. Das ist aus unserer Sicht ein Manko“, sagt Moormann.
Experte lobt Nutzerfreundlichkeit des Bundes-Klinik-Atlas
Zertifikate von medizinischen Fachgesellschaften, die in Lauterbachs Klinik-Atlas vorgesehen sind, findet er sinnvoll. Gleiches gilt für die Pflegepersonalquoten. Die Angabe gebe wesentlich Auskunft darüber, ob man auf der Station gut versorgt werde. Zudem lobt Thomas Moormann die Nutzerfreundlichkeit der Krankenhaus-Suchmaschine.
Derzeit sei das Angebot an unterschiedlichen Gesundheitsportalen noch unübersichtlich - viele Suchmaschinen, zum Beispiel auch von den Krankenkassen, existierten nebeneinander her. Eine Konzentration auf ein Portal sei wünschenswert. „In dem Moment, in dem wir einen sehr guten und zuverlässigen Klinik-Atlas haben, braucht man die anderen Portale nicht mehr.“
Vergangene Woche kündigte Karl Lauterbach eine neue Version der Suchmaschine an. Auf der Homepage des Klinik-Atlas verspricht man nun eine noch größere Nutzerfreundlichkeit, es sei „eine Vorauswahl an Versorgungsanlässen bzw. Operationen getroffen“ worden. Die für Fachleute aufgelegte Suche nach spezifischen Diagnosen sei dagegen nicht mehr möglich.
Vor dem Update konnten Interessierte Informationen zu 23.000 Eingriffen erhalten. Auf der Startseite finden Suchende jetzt sieben große Kacheln unter anderem zu den Bereichen Herz, Gelenke oder Krebs. Danach folgen weitere Krankheiten und Operationen aus dem jeweiligen Bereich. Die jeweilige Behandlungsqualität kann insgesamt für 20 Eingriffen angefragt werden.
Die Verbraucherzentrale sieht einen Punkt am Update besonders kritisch: „Ein solcher Atlas sollte niemals direkten Eingriffen der Exekutive unterliegen. Das hat sich noch nie bewährt. Das Portal muss unabhängig sein.“