AboAbonnieren

Benjamin LimbachNRW-Justizminister kassiert Entmachtung der leitenden Kölner Cum-Ex-Fahnderin

Lesezeit 3 Minuten
12.10.2023, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Benjamin Limbach (r, Bündnis 90/Die Grünen), Justizminister von Nordrhein-Westfalen,  stellt seine Aktentasche vor Beginn der Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag, auf seinen Stuhl. Beraten werden soll die Weiterleitung von Unterlagen der Staatsanwaltschaft Köln für den Untersuchungsausschusses in Hamburg im Cum-Ex-Verfahren. Foto: Roberto Pfeil/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

NRW-Justizminister Benjamin Limbach (rechts, Bündnis 90/Die Grünen) vor Beginn der Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag.

Die ohnehin schon üppig aufgestellte Cum-Ex-Abteilung der Kölner Staatsanwaltschaft soll stattdessen aufgestockt werden.

Die rechte Faust ruderte mit jedem Satz auf und nieder. Die Geste wirkte, als sollte sie das erklärte Ziel des NRW-Justizministers unterstreichen: den erfolgreichen Kampf gegen den milliardenschweren Cum-Ex-Steuerraub mit Aktiengeschäften. Benjamin Limbach stand seit Wochen unter Druck. Auf der Sondersitzung des Rechtsausschusses am Donnerstag suchte der Grünen-Politiker den Weg aus der Defensive.

Eingangs erklärte Limbach, dass er nun doch nicht gedenke, die Schwerpunkthauptabteilung der Kölner Staatsanwaltschaft für Cum-Ex-Verfahren unter Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker zu teilen und einen zweiten Chef zu installieren. Vielmehr habe man sich mit Brorhilker nebst ihren Vorgesetzten tags zuvor getroffen und eine einvernehmliche Lösung gefunden. Die mit 32 Staatsanwälten ohnehin schon üppig aufgestellte Cum-Ex-Abteilung bekommt nochmals vier weitere Stellen, um die komplexen Verfahren schneller zur Anklage zu bringen.

Die Kölner Staatsanwälte führen seit 2016 die Ermittlungen

Damit kassierte Limbach seine bisherige massive Kritik gegen die bundesweit führenden Cum-Ex-Strafverfolger in Köln mit ihren 120 Verfahren und 1700 Beschuldigten. Am 22. September hatte der Grünen-Politiker noch erklärt, die Aufspaltung der Hauptabteilung H sei alternativlos. Einen Monat zuvor hatte er in einer Brandrede der Staatsanwaltschaft Köln die Schuld gegeben, dass Akten zu drei Ermittlungskomplexen zu spät an den Hamburger Untersuchungsausschuss herausgegeben wurden. Der Vorwurf ist auch deshalb so brisant, weil das parlamentarische Gremium unter anderem die Rolle des heutigen Bundeskanzlers und damaligen Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz in der Affäre durchleuchtet.

Die Kölner Cum-Ex-Staatsanwälte führen seit 2016 die Ermittlungen in der Angelegenheit. Gut ein Jahr lang forderte der Hamburger Untersuchungsausschuss die Übersendung der Akten und Asservate. Als das NRW-Justizministerium nicht lieferte, drohte man mit einer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht. Doch erst am 6. Oktober übergab Limbachs Haus die letzten Konvolute der angeforderten Unterlagen. Schuld trage die Kölner Anklagebehörde, hieß es immer wieder.

Daraufhin hatte die Cum-Ex-Chefanklägerin Brorhilker in einem internen Schreiben an den höchsten Personalrat dem Minister eine falsche und höchst verzerrende Darstellung der Abläufe vorgeworfen. Dezidiert zählte sie auf, wie die Verfahrensakten und Asservate termingerecht an das Ministerium gegangen seien.

Nun bleibt alles beim Alten. Cum-Ex-Hauptabteilungsleiterin Brorhilker, deren Führungsstil intern umstritten ist, darf weiterhin allein schalten und walten.

Der Imageschaden für Justizminister Limbach ist enorm

Der Imageschaden für den neuen Justizminister ist enorm. Die Opposition versteht nicht, warum der Grünen-Politiker erst nach massiver Kritik davon abrückte, die Cum-Ex-Sparte zu teilen. Werner Pfeil, rechtspolitischer Sprecher der FDP, kritisierte das Missmanagement Limbachs: „Warum wurde nicht vorher mit Frau Brorhilker gesprochen?“ Der Minister verteidigte sich mit dem Hinweis, „dass Politik nicht gut beraten ist, stets stur an einer Meinung festzuhalten“, vielmehr müsse man bei so viel Kritik seine eigenen Maßnahmen hinterfragen. SPD-Parlamentarier Sven Wolf ließ das nicht so stehen: „Sie haben den Personalrat der Staatsanwaltsschaft getäuscht, auch fühlen sich hier einige Abgeordnete durch ihre Aussagen getäuscht, Ihre Maßnahmen blieben wirkungslos.“

Die Grünen-Abgeordnete Dagmar Hanses bescheinigte ihrem Parteifreund hingegen ein „kompetentes Leadership“. CDU-Fraktionsvize Gregor Golland als Koalitionspartner warf der rot-gelben Opposition „billige Attacken auf einen fachlich einwandfreien Minister vor“.

Das sieht sein Parteifreund aus Hamburg völlig anders: „Es hat länger als ein Jahr gedauert, bis der parlamentarische Untersuchungsausschuss die angeforderten Unterlagen erhalten hat“, monierte Richard Seelmaecker, CDU-Obmann im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss, gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Hätte die CDU nicht wiederholt gemahnt und ich mit einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gedroht, wir hätten die Daten zur Aufklärung noch immer nicht.“