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Fehler bei NRW-SpezialeinheitenSEK stürmte 17 Mal Wohnungen von Unschuldigen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei ist während einer Übung in Aktion.

Ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos (SEK, Symbolbild) während einer Übung.

17 Fehleinsätze des SEK seit 2019: Die Opposition im Düsseldorfer Landtag sieht strukturelle Probleme bei den Sicherheitskräften.

Alles sah nach einem Routineeinsatz aus. In der Nacht zum 20. Juni 2024 stürmten Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei Düsseldorf eine Wohnung in Monheim. Die Einsatzkräfte sollten Mehmet L. (Name geändert), festnehmen. Der 25-jährige Deutsch-Türke, der in der elterlichen Wohnung lebte, sollte in eine schwelende Rockerfehde verwickelt gewesen sein. Das SEK-Kommando brach die Wohnungstür auf und setzte den Gesuchten gewaltsam fest. Dabei wurde Mehmet L. im Gesicht verletzt.

Bald stellte sich heraus, dass der Tatverdächtige unschuldig war. Das Einsatzkommando hatten den Falschen abgeführt. Die SEK-Beamten traf keine Schuld, sie hatten auf Anweisung des zuständigen Polizeiführers im Präsidium die Wohnung in Monheim gestürmt. Der Einsatzleiter hatte sich auf die Falschaussage eines Denunzianten verlassen, der Mehmet L. als Messerstecher in der Rockerfehde beschuldigt hatte. Kurz darauf wurde das Verfahren gegen den Tatverdächtigen eingestellt. Vielmehr soll ein 34-jähriger Türke die Tat begangen haben. Bald darauf wurde er ebenfalls festgenommen.

Opfer fordert Schadenersatz

Inzwischen hat Mehmet L. wegen der erlittenen Verletzungen durch das SEK beim Land NRW Schadenersatzansprüche angemeldet. Dies geht aus der Antwort durch Landesinnenminister Herbert Reul auf eine Kleine Anfrage der FDP hervor, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. „Die Bearbeitung des Verfahrens durch das Polizeipräsidium Düsseldorf zur Schadenregulierung steht kurz vor dem Abschluss“, heißt es in dem Bericht.

Ferner teilte der CDU-Politiker mit, dass NRW-Spezialeinheiten laut einer Sonderauswertung seit Dezember 2019 in 17 Fällen die falsche Wohnadresse gestürmt hatten. Im Schnitt also gut dreieinhalb Mal pro Jahr.

Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion NRW, sieht ein strukturelles Problem: „Die Polizei in NRW leistet täglich einen herausragenden Job unter oft schwierigen Bedingungen. Doch wenn Unschuldige durch fehlerhafte Identifikation zum Ziel eines SEK-Einsatzes werden, dann schadet das nicht nur den Betroffenen, sondern auch dem Ansehen unserer Sicherheitskräfte.“ Der Liberale sieht Innenminister Reul in der Pflicht, „klare Konsequenzen zu ziehen und dafür zu sorgen, dass Fehlerquellen bei der Identifizierung von Verdächtigen minimiert werden“.

Der Fall Monheim belege, „wie gravierend Fehlentscheidungen bei Polizeieinsätzen sein können. Ein unschuldiger Bürger wurde fälschlicherweise zum Ziel eines SEK-Einsatzes – mit potenziell traumatischen Folgen“. Gregor Golland, Vizefraktionschef der CDU widerspricht. „Die Zahl von 17 Fehleinsätzen des SEK binnen fünf Jahren erscheint doch äußerst gering.“

Aufklärung der Einzelfälle

Zugleich fordert Golland, jeden Einzelfall aufzuklären und auf seine Fehler hin zu analysieren. Eines stellt der CDU-Politiker klar: „Wir stehen voll und ganz hinter unseren Spezialeinsatzkräften, die jeden Tag einen sehr gefährlichen Job machen und oft unter Einsatz ihres Lebens Schwerkriminelle festnehmen.“

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei NRW, Michael Mertens, sieht es ähnlich. „Es ist natürlich bedauerlich, wenn sich herausstellt, dass der SEK-Einsatz einer falschen Wohnadresse galt. Allzu oft aber drängt die Zeit. Mich würde mal die Zahl der Fälle interessieren, in denen die Spezialeinheiten schwere Straftaten verhindert haben, in dem ein Zugriff erfolgt ist.“