Nach einem Rechtsstreit hat der Trägerverein Insolvenz angemeldet. Nun soll die Arbeit eine neu zu gründende Stiftung übernehmen. Klar ist: Einige Wisente werden wohl umziehen müssen.
Freilaufende Ur-Rinder in NRWWisente sollen bleiben - wenn auch nicht alle
Im Streit um die frei laufenden Wisente in Südwestfalen hat ein Runder Tisch Lösungen in Aussicht gestellt. Die beiden Ex-NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) und Ursula Heinen-Esser (CDU) stellten am Freitagvormittag die Ergebnisse vor.
Als ersten von zehn Punkten empfiehlt der Runde Tisch, die Zahl der Wisente auf 20 bis 25 Tiere zu reduzieren. Derzeit streifen circa 40 Wisente frei durch Nordrhein-Westfalen, mittlerweile nicht mehr nur im Rothaargebirge, sondern auch im Sauerland. Einige der Tiere sollen nun zu anderen Herden in Europa gebracht werden. Um die Wisente einzufangen, ist bereits ein Gatter mit Fangeinrichtung in Planung, das vom Land NRW finanziert wird.
Überwachung mit Sender und Drohnen
Die Besitzer der umliegenden Waldstücke hatten vor Gericht erstritten, dass die Wisente ihre Grundstücke nicht mehr betreten sollen. Neben dem Einfang-Gatter und einer Reduzierung der Herdengröße empfiehlt der Runde Tisch deshalb, die Tiere mit Sendern auszustatten und durch Drohnen und Ranger zu überwachen. So könne man die Ur-Rinder vergrämen, wenn sie Privatgrundstücken zu nahe kommen. Neben einem 50.000 Euro schweren Fond für Wisent-Schäden solle eine Schlichtungsstelle mit Mediator eingerichtet werden, um künftige Klage zu vermeiden.
Der Runde Tisch schlägt die Einrichtung einer Stiftung vor, die künftig die bisherige Arbeit des Trägervereins fortführen soll. Mögliche Partner wären neben Land und Kommunen Landwirtschafts- und Waldbauernverbände, der Kölner Zoo, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt sowie Natur- und Artenschutzverbände wie WWF und NABU. Ein wissenschaftlicher Beirat, so die Idee, könne Forschungsprojekte zur Auswirkung der Tiere auf das Ökosystem und ihr Verhalten initiieren.
Heinen-Esser: Projekt könne „in eine gute Zukunft geführt werden“
Remmel und Heinen-Esser empfehlen, die Finanzierung des Wisent-Projekts von 360.000 Euro pro Jahr, mit 70 Prozent Landesbeteiligung, auf 450.000 Euro aufzustocken. Die Summe solle künftig komplett aus öffentlichen Mitteln beglichen werden.
Mit der Frage, wie man mit der streng geschützten Art umgehe, müsse man sich bald auch in anderen Teilen Deutschlands befassen, sagt Remmel: „Der Wisent wird über kurz oder lang wieder in Deutschland einwandern. In Polen lebt er schon 50 Kilometer vor der deutschen Grenze und wandert westwärts.“
Mit der Übergangsphase bis zur Etablierung einer neuen Trägerstruktur müsse unmittelbar begonnen werden, betonen die Moderatoren. Denn allein der Prozess des Fangens und Vermittelns der Tiere könne drei bis fünf Jahre dauern. „Wir sind davon überzeugt: Wenn die Maßnahmen umgesetzt werden, kann das Projekt in eine gute Zukunft geführt werden“, sagte Heinen-Esser.
Streit um angenagte Buchen
Seit 2013 streifen wieder Wisente durch NRW. Damals waren acht Tiere durch einen Trägerverein im Kreis Siegen-Wittgenstein ausgewildert worden. Das größte Landsäugetier Europas galt hier lange als fast ausgestorben.
Mittlerweile leben die Wisente jedoch nicht mehr nur im Rothaargebirge, sondern auch im Sauerland und nagen dort die Buchenrinden von Waldbesitzern an. Diese klagten gegen den Wisentverein und forderten ein Betretungsverbot der Tiere für ihr Gelände. Sie stellten dem Trägerverein 250.000 Euro Entschädigungsforderungen pro Jahr in Aussicht. Dieser meldete daraufhin Insolvenz an.