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Zu schnell gefahren und Führerschein weg?So werden Verkehrssünder auf die MPU vorbereitet

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Toni Lushaj, Inhaber der MPU-Vorbereitungsstelle MPU Köln, im Beratungsgespräch mit einem Klienten. Er gestikuliert. Der Klient ist verschwommen von hinten zu sehen.

Toni Lushaj, Inhaber der MPU-Vorbereitungsstelle MPU Köln, im Beratungsgespräch mit einem Klienten.

Wer seinen Führerschein entzogen bekommt, muss eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) machen. Die beleuchtet intensiv das Privatleben der Delinquenten. Wie eine Vorbereitung darauf läuft.

Als Pascal K. (Name geändert) am Dienstagnachmittag in die Büroräume der MPU Köln kommt, ist er entspannt. Lässig gibt er Toni Lushaj, dem Inhaber der MPU-Vorbereitungsstelle, die Faust. Die beiden wirken vertraut, witzeln miteinander. Sie haben die letzten vier Monate intensiv miteinander verbracht. Pascal hat seine Lebensgeschichte vor Lushaj ausgebreitet. Erzählt, wie es zu seinen etlichen Verkehrsdelikten, wie bis zu 80 km/h zu schnelles und alkoholisiertes Fahren, den vielen Punkten in Flensburg gekommen ist. Und letztlich auch dazu, dass die Fahrerlaubnis irgendwann weg war. Deshalb muss er nämlich zur medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU).

Jährlich finden laut der Bundesanstalt für Straßenwesen rund 90.000 MPU an amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung statt. Die MPU wird angeordnet, wenn jemand aufgrund von Verkehrsdelikten, Straftaten, Alkohol- oder Drogenauffälligkeiten den Führerschein entzogen bekommen hat.

Eine Vorbereitung, wie Pascal sie für die MPU macht, ist nicht zwingend nötig. Und sie ist teuer: Im Schnitt kostet sie 130 Euro pro Einzelgespräch wie bei der MPU Köln. Gruppenkurse sind günstiger. Der Einsatz lohnt sich aber laut ADAC: „Das sofortige Bestehen nach qualifizierter Vorbereitung ist billiger als viele Fehlversuche.“

Eine MPU ist ein erheblicher Eingriff in die Privatsphäre

Am Dienstagnachmittag sitzen sich Pascal und Toni Lushaj dann in einer Testsituation gegenüber. Aus dem Faustschlag ist ein Händeschütteln geworden, aus dem „Du“ ein „Sie“. Es ist Pascals vorletztes Vorbereitungstreffen. In einer Woche ist seine MPU. Sie besteht aus einem medizinischen Check, einem Leistungstest am Computer und einem psychologischen Gespräch.

An diesem Tag simulieren sie Letzteres. Lushaj sitzt zurückgelehnt auf seinem Stuhl, Arme verschränkt. Fragt, wie es zu den Verkehrsdelikten gekommen ist. Pascal spielt mit dem Gummibund seiner Hose, wackelt mit den Beinen. Antwortet in kurzen Sätzen, wirkt, als wolle er nichts Falsches sagen. Lushaj stellt Rückfragen, will alles genau wissen. Pascal reflektiert sein Verhalten, gibt tiefe Einblicke in sein Privatleben, intime Momente, Gedanken, Zweifel. Es ist fast unangenehm, in dieser beobachtenden Position dabei zu sitzen.

Doch so sei das bei einer MPU, erklärt Toni Lushaj, der seit 13 Jahren die MPU Köln der Beratungsstelle für Kraftfahreignung (BFK) leitet: „Die Untersuchung ist ein erheblicher Eingriff in die Privatsphäre.“ Alle Menschen, die zu ihm kommen, hätten eine Vorgeschichte, sagt er. Die wenigsten würden bei dem ersten Regelbruch erwischt, bei der ersten Kontrolle den Führerschein entzogen bekommen. Deshalb ginge es bei der MPU um Hintergründe. „Uns interessiert weniger die Folge als die Ursache“, so Lushaj.

MPU soll eine nachhaltige Veränderung zeigen

Das bedeutet, dass schon in der Vorbereitung zu dieser Untersuchung in der Vergangenheit gegraben wird. Hatte der Täter zum Zeitpunkt der Delikte Stress im Job, der Beziehung, der Familie? Durchlebte die Täterin eine schwierige Kindheit, schwere Verluste, hat sie mentale Probleme? Solche Fragen werden in der Vorbereitung gestellt. In der Untersuchung geht es dann darum, wiederzugeben, was man über sich reflektiert und herausgefunden hat und ob es dadurch zu einem Lerneffekt gekommen ist. Daneben geht es aber auch um Fachkenntnisse wie Verkehrswissen und -statistiken.

Während der Simulation hält Lushaj, der die Antworten aus den Vorgesprächen kennt, zwischendurch den Daumen hoch, hakt genau nach, gibt Feedback. „Es geht darum, die Wahrheit zu sagen und zu zeigen, dass du dich mit deinen Fehlern nachhaltig auseinandergesetzt hast“, sagt er Pascal. Bei der MPU wird Pascal eine fremde Person davon überzeugen müssen.

Durch die Vorgespräche fühlt Pascal sich sicherer. Vorher hätte er nie Fremden von seinen Gefühlen erzählt, doch genau das muss er während der Untersuchung tun. Er wird von Selbstzweifeln, familiären Problemen und Fehlern erzählen müssen. Alles, um seinen Führerschein zurückzubekommen.