Genderverbote bedienen populistische Reflexe. Gut, dass das Schulministerium in NRW da nicht einfach mitmacht.
Kommentar zu Schulen in NRWStatt Genderverbot braucht es Freiraum und Respekt
Die Ergebnisse der Pisa-Studie für Deutschland sind dramatisch ausgefallen. Deutsche Schülerinnen und Schüler schnitten so schlecht ab wie nie. Seither war wenig politisch konkretes dazu zu hören, wie man auf dieses Desaster reagieren will.
Stattdessen tat sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als Erster bildungspolitisch hervor, indem er mit viel Aplomb das Genderverbot an den Schulen seines Landes ankündigte.
Davon abgesehen, dass er mit keinem Wort sagt, wie er das in der Praxis umsetzen will und was denn passiert, wenn auf dem Schulhof doch mal jemand wagen sollte, mit Sternchen zu sprechen, ist das beschämend. Söder – sonst oberster Kritiker vermeintlicher Verbotsparteien – setzt auf populistische Reflexe, weil er genau weiß, dass sich mit dem Triggerthema „Gendern“ politisch Punkte machen lassen. Und Hessen, Sachsen und die ganze CDU in ihrem neuen Grundsatzprogramm springen prompt auf diesen Zug auf.
Schulen warten auf Lösungen für die wirklich dringenden Probleme
Die Schulen warten verzweifelt auf Lösungsansätze für Probleme, die wirklich dringend sind, aber nicht so einfach umsetzbar wie ein Genderverbot: Lehrermangel, Bildungsungerechtigkeit, Entschlackung der Lehrpläne, die massiv verschlechterte psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern, Konzepte für digitalen Unterricht und Prüfungen im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz.
Es ist wohltuend, dass das nordrhein-westfälische Schulministerium auf den Gender-Zug nicht aufspringt. Vorerst hält es an den Schulen im Land weiter jeder und jede so, wie er oder sie möchte. Das CDU-geführte Ministerium von Dorothee Feller will ganz unaufgeregt erst mal abwarten, was vom Deutschen Rechtschreibrat an weiteren Erläuterungen kommt. Dass dieser sich auch nach monatelangen Überlegungen um eine klare Ansage herumdrückt, zeigt, dass die Frage dort ebenso umstritten ist wie in der Gesellschaft.
Gelassenheit und die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, sind gerade in Zeiten polarisierender, aufgeregter Debatten unbedingt hilfreich. Bei Themen wie dem Gendern sind Vorschriften zwecklos, weil auch die nicht zur Befriedung führen. Stattdessen braucht es Freiräume und gegenseitigen Respekt – und zwar auf beiden Seiten.