Die Generalsanierung mehrerer Bahnstrecken kollidiert mit der Elektrifizierung der Eifelstrecke und der Modernisierung mehrerer Kölner Brücken.
Großbauprojekte2028 könnte für Bahnpendler im Großraum Köln zum Horrorjahr werden
Die Jahre 2028 und 2029 könnten für Bahnpendler im Großraum Köln/Bonn und Teilen der Eifel alle bisherigen Zumutungen in den Schatten stellen. Der Grund sind Terminüberschneidungen von Großbaustellen, die mit dem Ausbau des Bahnknotens Köln in Zusammenhang stehen. Hinzu kommen zwei Großsanierungen der DB InfraGO auf den sogenannten Hochleistungskorridoren Köln-Aachen und Köln-Bonn-Koblenz-Mainz.
Im Extremfall könnte es ab Mitte 2028 für fünf Monate keine Möglichkeit mehr geben, auf der Schiene zwischen Euskirchen und Köln zu pendeln. Auch Bonn wäre von den Einschränkungen stark betroffen. Das geht aus einer Mitteilung des Zweckverbands go.Rheinland an die Verbandsversammlung hervor. Das Gremium, in dem Kommunalpolitiker der beteiligten Städte und Kreise sitzen, kommt am Freitag, 29. November, zu einer Sitzung zusammen. Wir beantworten vorab die wichtigsten Fragen.
Warum werden die vielen Bauprojekte nicht besser untereinander abgestimmt?
Die Bauplanung der Bahn hat in der Regel mehrere Jahre Vorlauf, weil sie bei den Hauptstrecken im Fernverkehr auch international abgestimmt werden muss. Das gilt zum Beispiel für die Sanierung wichtiger Eisenbahnbrücken auf Kölner Stadtgebiet, die im Zusammenhang mit dem Ausbau der S-Bahn steht. Sie ist für den Zeitraum Juli 2028 bis Dezember 2029 seit langem fest terminiert. Deshalb sollte die Elektrifizierung der Eifelstrecke vorher abgeschlossen sein, verzögert sich aber nun mindestens bis Dezember 2028. Zusätzlich werden im Rahmen des neuen Sanierungsprogramms der DB die Strecken Köln-Bonn-Koblenz-Mainz und Köln-Aachen im ersten bzw. zweiten Halbjahr 2028 für jeweils fünf Monate gesperrt. Diese beiden Projekte sind Teil eines bundesweiten Infrastrukturprogramms, das der Bund und die Bahn erst im September 2023 aufgelegt haben.
Was ist der Auslöser der Terminkrise?
Beim Spatenstich zur Elektrifizierung der 164 Kilometer langen Eifelstrecke zwischen Köln und Trier vor vier Wochen hat die Bahn mitgeteilt, dass sich die Fertigstellung um mindestens zwei Jahre verschieben wird. Geplant war Dezember 2026, jetzt ist von „frühestens Dezember 2028“ die Rede.
Was ist der Grund für die Verzögerung?
Der Mangel an Fachfirmen. Aus der Mitteilung des Zweckverbands Rheinland geht hervor, dass bisher nur fünf der 13 Bauabschnitte vergeben werden konnten. In NRW gilt das für die beiden Abschnitte zwischen Euskirchen und Nettersheim. Für die Elektrifizierung des wichtigen Knotenbahnhofs Euskirchen und des Kaller Tunnels konnte bisher kein Unternehmen gefunden werden. Das gilt auch für die drei Abschnitte zwischen Hürth-Kalscheuren und Euskirchen. Auch für die rund 100 Kilometer lange Strecke in Rheinland-Pfalz sucht die DB InfraGO noch für drei der sechs Bauabschnitte nach Fachfirmen.
Wie sieht es bei der Erfttalbahn und der Voreifelbahn aus?
Deutlich besser. Alle Bauabschnitte sind vergeben. Die Arbeiten sollen bis Juni 2028 abgeschlossen sein, zeitgleich mit der Generalsanierung der linksrheinischen Strecke zwischen Köln und Mainz, die vor allem den Abschnitt Hürth-Kalscheuren-Bonn-Koblenz-Mainz betrifft und im ersten Halbjahr 2028 in Angriff genommen werden soll.
Das ist doch wenigstens eine gute Nachricht, oder?
Im Prinzip schon. Allerdings werden sich im zweiten Halbjahr 2028 nahtlos zwei weitere Großprojekte im Kölner Raum anschließen. „Ab Mitte 2028 wird es für ungefähr fünf Monate keine Möglichkeit mehr geben, auf der Schiene von Euskirchen in Richtung Köln zu fahren. Der direkte Weg über Hürth-Kalscheuren ist wegen der Sanierung der Kölner Brücken und der damit verbundenen Sperrung der Strecke zwischen Hürth-Kalscheuren und Köln Hauptbahnhof nicht möglich. Auch die Umleitung über die Bördebahn nach Düren scheidet aus, da zeitgleich die Sanierung des Hochleistungskorridors von Aachen nach Köln geplant ist. Das stellt insbesondere die DB Regio mit ihrer Werkstatt in Köln vor große Probleme“, sagt der Vorsitzende des Eifelquerbahn-Vereins, Jens Wießner.
Was die Sperrung dieser Verbindung für den Fahrplan bedeutet, lässt sich nach dem Zugunglück bei Kerpen erahnen. Dort war in der Nacht zum 22. November ein Güterzug mit einem Bauzug zusammengestoßen. Das hat den internationalen Zugverkehr zwischen Köln, Brüssel und Paris mächtig durcheinandergewirbelt. Inzwischen fahren zwischen Köln und Aachen wenigstens S-Bahnen und Regionalzüge wieder.
Die Sanierung der Strecke Köln-Aachen im zweiten Halbjahr 2028 dauert doch nur fünf Monate.
Ja. Ab Dezember 2028 dürfte zumindest der Weg über Düren wieder frei sein, aber die direkte Verbindung nach Köln bleibt weiterhin gesperrt. Die DB InfraGO rechnet für die Sanierung der Kölner Brücken mit einer Bauzeit von 17 Monaten, also mit einer Sperrung des Abschnittes Hürth-Kalscheuren-Köln Hauptbahnhof von Juli 2028 bis Dezember 2029.
Was heißt das alles für die Eifelstrecke und die Voreifelbahn?
„Insgesamt droht in diesem Zusammenhang, dass ein geordneter elektrischer Betrieb auf der Eifelstrecke und der Voreifelbahn voraussichtlich erst nach Fertigstellung der Kölner Brückensanierung zu Dezember 2029 wahrscheinlich werden könnte“, heißt es in der Mitteilungsvorlage des Zweckverbands go.Rheinland zum „E-Vareo“-Netz. Mit einer Normalisierung für die Fahrgäste der Eifelstrecke wäre also frühestens in fünf Jahren, zum Fahrplanwechsel 2030, zu rechnen. Weitere Verzögerungen sind nicht auszuschließen. So war für die aktuelle Sperrpause im Abschnitt Bitburg - Trier-Ehrang eigentlich der Neubau und Einschub mehrerer Brücken geplant. Auch der Neubau der Hochbrücke Gerolstein und die sich weiter verzögernde Entscheidung über den zweigleisigen Ausbau der Eifelstrecke in Rheinland-Pfalz könnten den Zeitplan weiter aus dem Takt bringen.
Gibt es denn überhaupt keine Umleitungsstrecken mehr?
„Der Blick nach Euskirchen zeigt, wie wichtig Umleitungsstrecken sind. Auch wenn sie nicht alles auffangen können, so erleichtern sie doch vielfach die Abläufe in einer so schwierigen Situation, wie wir sie auf der Eifelstrecke noch über Jahre haben werden“, kritisiert Jens Wießner. Es sei ein Fehler der DB gewesen, die Eifelquerbahn Gerolstein-Kaisersesch-Andernach nicht dauerhaft für den Logistikverkehr zu nutzen. Im Januar 2022 hatte man die vom Hochwasser in Gerolstein eingeschlossenen Fahrzeuge über die Eifelquerbahn abgeschleppt.
Man hätte diese Trasse nutzen können, um Baufahrzeuge und Material für den Wiederaufbau der Eifelstrecke von Gerolstein in Richtung Kall heranzuschaffen, so Wießner. „Von einer reaktivierten Eifelquerbahn hätten insbesondere die Pendler in Richtung Köln profitiert.“ Auch die Anlieferung von Baufahrzeugen und Baumaterialien wäre möglich gewesen, ohne immer wieder Fahrzeuge durch die Tunnel schleusen zu müssen, in denen derzeit gearbeitet wird. Auch die Tourismusbranche würde durch die ganzjährige Erreichbarkeit der Region auf der Schiene von einer reaktivierten Eifelquerbahn profitieren.