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Neuer Job nach Bürgergeld„Niemand kann behaupten, dass Arbeit sich nicht lohnt“

Lesezeit 3 Minuten
Im AWO-Seniorenheim betreut ein Bundesfreiwilligendienstler einen Mann.

Bei der Caritas kann sich jeder einbringen. „Wir haben mit Bürgergeldempfängern schon sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Helmut Schmidt, Leiter des Personalwesens bei der Caritas Rhein-Erft.

Wie schlagen sich ehemalige Bürgergeldempfänger im Job? Der Personalleiter der Caritas Rhein-Erft berichtet von seinen Erfahrungen.

Herr Schmidt, Sie leiten das Personalwesen bei der Caritas Rhein-Erft. Welche Chancen haben Bürgergeldempfänger, die eine Arbeit suchen, bei Ihnen?

Helmut Schmidt: Grundsätzlich sind die Chancen für alle Bürgergeldempfänger, die bei der Caritas arbeiten wollen, gut. Alle sind willkommen, Vielfalt wird bei uns großgeschrieben. Wir haben mit Bürgergeldempfängern schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Es gibt bei uns Menschen, die haben sich aus einem Ein-Euro-Job zum sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und später zu einer Ausbildung in der Pflege oder in anderen Bereichen hochgearbeitet. Wir bieten ja auch Möglichkeiten in der Hauswirtschaft, der Kinderbetreuung, der Küche an.

Nutzen Bürgergeldempfänger dieses Sprungbrett häufig?

Manche ja. Andere nicht. Wenn wir eine Stelle ausschreiben, dann geht diese automatisch auch zur Agentur für Arbeit. Bürgergeldempfänger, die auf das Profil passen, werden dann aufgefordert, sich zu bewerben. Leider erhalten wir nur von etwa 25 Prozent der Bürgergeldempfänger Unterlagen zugesandt. Diese Zusender nehmen wir dann in den Bewerbungsprozess auf. Vereinzelt gibt es auch dabei Bewerbende, die in ihrer Zusendung zu verstehen geben, dass kein echtes Interesse an einer Mitarbeit in unserem Verband besteht.

Welche Konsequenzen hat das denn?

Für uns keine. Außer, dass wir diese Menschen dann natürlich nicht einstellen. Die Jobcenter gehen in derlei Fällen sehr unterschiedlich vor. Manchen gelingt es gut, ihren Klienten klarzumachen, dass die Mitarbeit des Einzelnen für das Funktionieren der Gesellschaft wichtig ist und dass jeder auch persönlich profitiert. Andere haben da weniger Erfolg.

Einstieg in den Arbeitsmarkt als Möglichkeit zur Fortentwicklung

Was sagen Sie Menschen, die eine Stelle ablehnen, weil sie sich mit Bürgergeld finanziell vermeintlich besserstellen?

Dass Arbeit sich nicht lohnt, ist immer extrem kurzsichtig gedacht. Man muss vor allem bedenken, dass ein Einstieg in den Arbeitsmarkt auch die Möglichkeit der Fortentwicklung in sich birgt. Und eine Weiter- oder Ausbildung erhöht die Verdienstmöglichkeiten in der Zukunft erheblich. Entstehen Bewerbenden Zusatzaufwendungen – zum Beispiel für den Arbeitsweg – kommt die Agentur für Arbeit den Engagierten auch entgegen.

Helmut Schmidt von der Caritas Rhein-Erft

Helmut Schmidt von der Caritas Rhein-Erft sagt: „Wenn einer Person etwas nicht passt, dann bleibt sie häufiger zu Hause als früher, weil sie weiß: Morgen habe ich einen neuen Job.“

Haben Sie ein Beispiel?

Eine Pflegehilfskraft verdient zum Einstieg in Vollzeit bei der Caritas 2950 Euro, eine Pflegefachassistenzkraft 3000 Euro. Für die Hilfskraft endet die Lohntabelle aber bei 3153 Euro, für den Pflegefachassistenten bei 3985 Euro, für die Pflegefachkraft bei 4310,97 Euro im Monat. Hinzu kommen tarifliche Einmalzahlungen und weitere Zulagen. In unserem Tarifsystem sind Stufensteigerungen aufgrund zunehmender Berufserfahrung vorgesehen. Dazu kommt die Absicherung für die Rente, wir zahlen zusätzlich noch in die kirchliche Zusatzversorgungskasse ein. So gesehen kann niemand behaupten, dass sich das nicht lohne.

„Manchen fällt es sehr schwer, die Verlässlichkeit zu bieten, die wir benötigen.“

Haben Sie auch schlechte Erfahrungen mit Langzeitarbeitslosen gemacht?

Manchen fällt es sehr schwer, die Verlässlichkeit zu bieten, die wir benötigen. Also jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit ihren Dienst anzutreten. Grundsätzlich versuchen wir auf eine hohe Verlässlichkeit hinzuwirken. Wenn dies aber absolut nicht klappt, müssen wir als letztes Mittel eine Beendigung des Dienstverhältnisses in Betracht ziehen. Mängel bei der Verlässlichkeit beobachten wir vermehrt, allerdings nicht nur bei ehemaligen Bürgergeldempfängern, sondern generell. Die Einstellung der Jobeinsteiger hat sich gewandelt. Wenn einer Person etwas nicht passt, dann bleibt sie häufiger zu Hause als früher, weil sie weiß: Morgen habe ich einen neuen Job. Das kennen wir von langjährigen Mitarbeitenden eher nicht.

Wir als Wohlfahrtsverband bieten viele Arbeitsverhältnisse in sensiblen Bereichen von Mensch zu Mensch an. Verlässlichkeit ist da ein sehr hohes Gut. Wir alle innerhalb des Caritasverbandes Rhein-Erft tragen dazu bei, den uns anvertrauten Klienten, Bewohnern, Rat- und Hilfesuchenden professionell, wertschätzend und mit der gebotenen Sorgfalt zu begegnen. Es ist für uns als Verband sehr wichtig, dass dies von den Mitarbeitenden auch mitgetragen wird.