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Pflegefachkräfte in NRWWo Mitarbeiter im Krankenhaus arbeiten können, wann sie wollen

Lesezeit 5 Minuten
Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Krankenhausflur.

So genannte Flex Pools sollen dafür sorgen, dass auch junge Mütter, schnell und flexibel wieder in den Job zurückkehren.

Zwei von drei Pflegekräften im Schichtdienst beklagen, dass sich ihre Arbeit nicht gut mit ihrem Privatleben vereinbaren lasse. Wie einige Kliniken, darunter auch die Uniklinik in Köln, gegensteuern.

Die Pflegebranche in Nordrhein-Westfalen bemüht sich durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, mehr Fachpersonal an sich zu binden. So sollen sogenannte Flex Pools und die Einrichtung von „Magnetkrankenhäusern“ vor allem das oft weibliche Pflegepersonal dazu bewegen, früher aus der Elternzeit zurückzukehren oder trotz Aufgaben in der Familie wieder mehr zu arbeiten.

In einer aktuellen Allensbach-Umfrage im Auftrag der Pflegekammer NRW gaben nur 35 Prozent der im Schichtdienst arbeitenden Pflegefachpersonen an, dass sich ihr Privatleben mit dem Beruf „gut“ oder „sehr gut“ vereinbaren lasse. Bei denen, die nicht im Schichtbetrieb arbeiten, sind es rund zwei Drittel (68 Prozent).

Der Fachkräftemangel in der Pflege, der sich in den kommenden Jahren auch in NRW zuspitzen wird, macht ein Gegensteuern nötig. Laut Pflegekammer NRW ist heute ein Drittel aller professionell Pflegenden älter als 55 Jahre. Demgegenüber stehen nur 15 Prozent der Pflegenden, die jünger als 30 Jahre sind und damit noch am Anfang ihres Berufslebens stehen.

Flex Pool soll junge Eltern schneller zurück in den Job locken

Ein Beispiel können Pflegepools wie an der Uniklinik Köln oder dem Klinikum Leverkusen sein, die flexible, selbstständig zu gestaltende Dienstpläne ermöglichen. Mitarbeiter geben an, wann sie arbeiten können, der Dienstplan richtet sich also nach den Menschen, nicht umgekehrt.

„Wenn zum Beispiel junge Mütter die Sicherheit haben, dass sie zwei Tage in der Woche immer nur zwischen 17 und 21 Uhr arbeiten müssen, dann entscheiden sich manche auch schon nach sechs Monaten für einen ersten Wiedereinstieg, weil sie wissen: Am Abend kann auch der Partner gut als Betreuung einspringen“, sagt Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW, gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Uniklinik Köln operiert schon seit 2009 mit dem Mitarbeiterpool

Im Gegenzug verzichteten die Rückkehrerinnen darauf, immer im selben Team zu arbeiten und ließen sich örtlich flexibel einsetzen, was wiederum auch dem Arbeitgeber zugutekomme, wenn der ausgefallene Dienste spontan belegen müsse.

An der Uniklinik Köln, wo man den Mitarbeiterpool schon seit 2009 anbietet, waren die Beschäftigten zu Beginn skeptisch, sagt Stefan Reimers, Pflegedienstleiter Intensivpflege. Die verbreitete Meinung: „Das kriegt ihr nicht hin.“ Geklappt hat es dann trotzdem, nahezu alle Wünsche können berücksichtigt werden. Egal ob die „nur Frühdienst bitte“ oder „montags bis mittwochs von 8.30 bis 14.30 Uhr, donnerstags nur Nachtschicht“ lauten. Gerade in größeren Einrichtungen habe sich die Dienstplanerstellung durch Softwareprogramme bereits in der Vergangenheit deutlich vereinfacht. „Das KI-Tool, das aus meinen Parametern auf Knopfdruck einen fertigen Dienstplan erstellt, erwarte ich für die Zukunft.“

Also heißt es für die Pflegedienstleiter, selbst Lösungen zu finden. Die heißen dann manchmal: Wer später anfängt, bekommt dann eben keine eigenen Patienten, sondern fungiert als Unterstützung, an die Aufgaben delegiert werden. „Auch auf den Stationen hat man erkannt, dass das gut funktioniert“, sagt Reimers. Mittlerweile arbeiteten 27 Beschäftigte im Intensivpflegepool, 25 im Allgemeinpflege-Pool. Manche Mitarbeiter, so sagt Martina Ostermann, Pflegedienstleitung Allgemeinpflege, wählten das Modell gar nicht wegen der zeitlichen Flexibilität, sondern um auch mal andere Stationen kennenzulernen. Ein weiterer Vorteil im Pool sei zudem: „Die Dienstplansicherheit, auch bei Ausfällen müssen die Beschäftigten nicht einspringen“.

Sandra Postel ist im Porträt zu sehen.

Sandra Postel ist Präsidentin der Pflegekammer NRW: „Wenn zum Beispiel junge Mütter die Sicherheit haben, dass sie zwei Tage in der Woche immer nur zwischen 17 und 21 Uhr arbeiten müssen, dann entscheiden sich manche auch schon nach sechs Monaten für eine ersten Wiedereinstieg, weil sie wissen: Am Abend kann auch der Partner gut als Betreuung einspringen“

Auch die Einrichtung von sogenannten Magnetkrankenhäusern zahle auf die Zufriedenheit von Pflegenden ein und trage damit zu einer geringeren Fluktuation sowie zu einer besseren Mitarbeiterbindung bei. Die Idee stammt aus Amerika, wo man auf diese Weise schon seit den 1980er Jahren versucht, die Attraktivität von Pflege für Patienten wie Mitarbeiter zu verbessern. „Das Management“, so sagt Leah Dörr, Advanced Practice Nurse an der Uniklinik in Bonn, „arbeitet in Magnetkrankenhäusern nach den Bedürfnissen der dort als ‚Frontline-Worker‘ bezeichneten Pflegefachpersonen in der direkten klinischen Versorgung. Man versteht sich nicht als übergeordnete Instanz, sondern als Unterstützung für die Pflegenden.“

Die Frage sei immer: „Was braucht ihr, um bestmöglich arbeiten zu können?“ Damit werde nach dem Konzept des Magnetkrankenhauses der Patient in den Mittelpunkt gestellt. Denn schließlich sei bestmögliche Pflege immer die, welche dem Menschen am meisten nutze, sagt Postel.

Fokus auf Monitoring: Wie oft kommen etwa Stürze vor?

Ein großer Fokus liege daher auf dem Monitoring, die beispielsweise beobachtet, wie häufig auf welcher Station Stürze vorkämen. „Dabei geht es nie um Kritik, sondern immer um Verbesserungsmöglichkeiten und darum, von den Abteilungen zu lernen, in denen es gut läuft“, so Dörr.

Führungsverantwortung liege in Magnetkrankenhäusern idealerweise im Team selbst. „Wenn in unserer Partnerklinik in den USA beispielsweise neue Schutzkittel benötigt werden, dann wird das Pflegemanagement durch die Kolleginnen und Kollegen der klinischen Versorgung dahingehend beraten, welches Material am besten geeignet ist. So können Pflegefachpersonen in Entscheidungen einbezogen werden. Die Pflegedirektion unterstützt diesen Prozess durch koordinative Inputs.“

Leah Dörr

Leah Dörr sagt: „Je besser die Rahmenbedingungen, desto weniger Krankmeldungen und damit verbundene kurzfristige Lücken in der Personalplanung.“

Der Schlüssel für mehr Motivation sei Mitarbeiterzufriedenheit – sowohl bezüglich der Flexibilität als auch hinsichtlich der Qualität der Pflege selbst. Bislang steht Deutschland nicht so glänzend da. „Wir haben eines der teuersten Gesundheitssysteme Europas, was die Versorgungsqualität betrifft, landen wir derzeit aber nur auf dem zwölften Platz“, sagt Sandra Postel. „Die Rechnung geht, wie man in Amerika festgestellt hat, auf: je besser die Rahmenbedingungen, desto weniger Krankmeldungen und damit verbundene kurzfristige Lücken in der Personalplanung“, sagt Leah Dörr, die auch Mitglied des Vorstands der Pflegekammer NRW ist. Mit den Unikliniken Münster, Bonn und Düsseldorf sowie der Neusser Klinik wird das Modell derzeit in vier Krankenhäusern in NRW im Rahmen des europaweiten Projekts „Magnet4Europe“ erprobt.

Für die Zukunft müsse auch die Politik mit Gesetzen nachsteuern. So blockiere etwa die Tatsache, dass Rezeptierungen ausschließlich von einem Arzt vorgenommen werden dürften, die tägliche Arbeit in der Pflege. „Das betrifft ja nicht nur Medikamente, sondern vor allem die Verordnung der häuslichen Pflege zur sicheren Medikamenteneinnahme. Auch Hilfsmittel wie Rollstühle oder Dekubitus-Matratzen sind gemeint. Wenn die Pflegefachkraft der Meinung ist, eine solche Verordnung sei nötig, dann muss der Arzt ein Rezept ausstellen. Dabei hat er im Zweifel weniger Ahnung von Dekubitus als die Pflegefachkraft“, sagt Sandra Postel.

Nun hoffe man auf das Pflegekompetenzgesetz, welches hier möglicherweise das Pflegepersonal stärken könnte. Reformbedarf dieser Art gebe es laut Pflegekammer mannigfach. Bislang sei man, was die Umsetzung beträfe, lediglich „vorsichtig optimistisch“.