Im Vorstand sammeln sich Ex-AfD-Politiker und Personen, die der Verfassungsschutz im Blick hat.
Nach Demo in KölnPro-russische Aktivisten und Leverkusener Rechtsextremist wollen zur Europawahl

Die Vereinigung gründete sich offenbar im Anschluss an eine pro-russische Kundgebung an der Deutzer Werft am 6. Mai. Links ist Rechtsextremist Beisicht zu sehen, in der Mitte André Poggenburg.
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Eine Gruppe pro-russischer und rechtsextremistischer Aktivisten hat in Leverkusen eine politische Vereinigung gegründet – mit dem Ziel, in das Europaparlament einzuziehen. Dies teilte der rechtsextreme Leverkusener Ratsherr und Vorstandsmitglied Markus Beisicht (Aufbruch Leverkusen) in einer Pressemitteilung mit. Ziel der Vereinigung sei der Austritt Deutschlands aus der EU und der Nato. Mehrere Mitglieder des Vorstandes tauchen wegen ihrer Aktivitäten in Verfassungsschutzberichten auf.
In ihrem Grundsatzprogramm schreibt die deutsch-russische Vereinigung „Aufbruch Frieden – Souveränität – Gerechtigkeit“, sie ziele auf eine neue Friedensbewegung ab. Die Gruppe spricht von angeblicher „Fremdbestimmung“durch die USA und impliziert mehrmals, Deutschland sei kein souveräner Staat. Alle Angriffskriege der letzten Jahrzehnte lehne man ab. Die Vereinigung gründete sich offenbar am 6. Mai, im Anschluss an eine pro-russische Kundgebung auf der Deutzer Werft.
Pro-russische Aktivistin und Ex-AfD-Politiker agieren als Vorsitzende
Der Vorstand besteht zu einem großen Teil aus Aktivisten, die behaupten, „Nazis“ regierten in der Ukraine, und selbst neben Rechtsextremisten demonstrieren – oder vom Verfassungsschutz als solche eingeordnet werden. Als Doppelspitze präsentiert die Vereinigung Elena Kolbasnikova, eine pro-russische Aktivistin aus Köln, und den Rechtsextremisten André Poggenburg. Kolbasnikova meldete in Köln seit Kriegsbeginn mehrfach pro-russische Demonstrationen an; im Herbst reiste sie mit ihrem Ehemann in den Donbass, um der russischen Armee Zelte und Heizkörper zu übergeben.
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Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Kolbasnikova wegen der Billigung von Straftaten: Die gebürtige Ukrainerin soll öffentlich den russischen Angriffskrieg verteidigt haben. In von ihr verwalteten Chat-Gruppen postet sie regelmäßig Z-Zeichen, zudem wurde in einer dieser Gruppen ein Rekrutierungsaufruf für die Söldner-Gruppe „Wagner“ geteilt.
André Poggenburg, früherer Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt, trat bei Demonstrationen in Köln Seite an Seite mit Kolbasnikova auf. Im Vorstand sammeln sich weitere ehemalige Rechtsaußen-Politiker der AfD, beispielsweise der frühere Chef des AfD-Kreisverbandes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge Egbert Ermer und der frühere NRW-Landtagsabgeordnete Eugen Walter.
Staatsschutz ermittelt gegen weiteres Vorstandsmitglied
Zwei Vorstandsmitglieder werden namentlich in den aktuellen Jahresberichten des Landesverfassungsschutzes in NRW und Bayern erwähnt: Markus Beisicht und der Aktivist Wjatscheslaw Seewald. „M. Beisicht ist dem Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen bereits aus seinen langjährigen Führungstätigkeiten in rechtsextremistischen Organisationen in Nordrhein-Westfalen bekannt“, schreibt das NRW-Innenministerium auf Anfrage dieser Zeitung. „Aktuell ist er Führungsfigur innerhalb des rechtsextremistischen Vereins ‚Aufbruch Leverkusen‘.“ Drei der acht Vorstandsmitglieder der neugegründeten Vereinigung sind auch im Vorstand von „Aufbruch Leverkusen“ aktiv.
Seit Mai 2022 arbeite „Aufbruch Leverkusen“ eng mit Kolbasnikovas Verein „Die Brücke zwischen Deutschland und Russland“ zusammen. Beisicht und Kolbasnikova besuchten seit Kriegsbeginn zweimal gemeinsam das russische Generalkonsulat in Bonn.

Wjatscheslaw Seewald bei der Demonstration am 6. Mai in Köln
Copyright: Uwe Weiser
Wjatscheslaw Seewald wird im bayrischen Verfassungsschutz der Selbstverwalterszene zugeordnet. Der Geheimdienst bezeichnet ihn als „Reichsbürger und antisemitischen Verschwörungstheoretiker“, Seewald vertrete die These, eine angebliche Vernichtung des deutschen Volkes könne nur durch eine „Verbrüderung der beiden Staaten Russland und Deutschland abgewendet werden“. Seine pro-russische Verschwörungstheorie „Gerussia“ sei eine abgewandelte Variante der beiden Verschwörungstheorien der „jüdischen Weltverschwörung“ und des „Bevölkerungsaustausches“. Seewald ruft zur Wahl der AfD auf.
Bei Vorträgen propagiert Seewald den Krieg gegen die Ukraine aus Sicht der Russischen Förderation. Bei Telegram bezeichnet er die Russen als „Juden des 21. Jahrhunderts“. In einem früheren Post bezeichnete er Adolf Hitler als „Juden und Obernazi“ und betitelte – im selben Satz – so auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Der Kölner Staatsschutz ermittelt wegen der Billigung von Straftaten gegen den Deutsch-Russen. Seewald soll bei einer Demonstration im Mai den Angriffskrieg gebilligt und gegen Versammlungsauflagen verstoßen haben.