Wenn Rechtsextremismus sich als Jugendkultur tarnt, muss nicht nur der Staat seine Extremismus-Bekämpfung ausweiten. Auch Eltern tun gut daran, die Freizeitlektüre ihrer Kinder im Blick zu behalten.
Kommentar„Jede Bemühung, den Rechtsextremisten in die Suppe zu spucken, hilft der Demokratie“

KI-Figur Lara verbreitet rechtsextreme Botschaften
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Das Buch „Lara in Gefahr“ wirkt wie ein normaler Jugendroman. 144 Seiten für 12,30 Euro, im Onlineversand sofort lieferbar. Nur wenige Eltern dürften ahnen, dass die Hauptfigur im Lagebild Rechtsextremismus des NRW-Verfassungsschutzes unter der Rubrik „rechtsextremistische Propaganda“ auftaucht. Die Story wirkt harmlos, verbreitet aber fremdenfeindliche Stereotypen. Auch im Internet ist „Lara“ aktiv, sendet als KI-generierte Kunstfigur ihre Hass-Botschaften unauffällig in die Kinderzimmer.
Der Vorgang wirft ein Schlaglicht auf eine alarmierende Entwicklung. In der rechten Szene ist ein Strategiewechsel zu beobachten. Der Versuch, mit neuen Formaten bei jungen Menschen zu punkten, geht leider auf. Mit 5641 Straftaten gab es im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand bei den rechtsextremen Straftaten. Und die Täter werden immer jünger.
Früher war Rechtsextreme oft an Springerstiefeln, Bomberjacke und Reichskriegsflagge zu erkennen. Mittlerweile treten die Verfassungsfeinde smarter auf. Sie arbeiten nicht mehr mit der Holzhammer-Methode, sondern lassen ihre Hass-Botschaften bei zu Wanderungen, Gesangsabenden und Kochrunden langsam einsickern.
NRW-Innenminister Reul setzt darauf, dass die künftige Bundesregierung den Instrumentenkasten zur Bekämpfung des Extremismus besser ausstattet. Mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden allein reichen aber nicht aus. NRW muss seine Präventionsarbeit an Schulen und in Jugendeinrichtungen ausweiten. Aber auch die Eltern sind gefragt. Sie müssen genauer hinschauen, wer hinter welchen neuen, vermeintlich attraktiven Freizeitangeboten steckt. Jede Bemühung, den Rechtsextremisten in die Suppe zu spucken, hilft der Demokratie. Die kann nicht allein von den Sicherheitsbehörden verteidigt werden.