Die UNESCO fordert für den Welterbe-Schutz des Mittelrheintals seit 20 Jahren einen umsetzbaren Konzeptplan, doch der lasse auf sich warten.
„Blauer Brief“ der UNESCOKonzept für Welterbe-Schutz im Mittelrheintal weiterhin ungenügend
Das 65 Kilometer lange Mittelrheintal zwischen Bingen und Koblenz ist seit 2002 UNESCO-Welterbe. Damit unterliegt das Flusstal mit seinen Burgen, Weinbergterrassen und pittoresken Städtchen dem UNESCO-Reglement zum Welterbe-Schutz. Im Mai 2022 inspizierte eine UNESCO/ICOMOS-Gutachtermission das Tal. Ihr 65 Seiten starkes Gutachten liegt nun vor. Es ist eine lange Mängelliste und liest sich wie ein „Blauer Brief“ der UN-Organisation.
Obwohl die UNESCO seit 20 Jahren einen präzisen und umsetzbaren Managementplan fordert, liege immer noch kein entsprechendes Konzept vor. Im Gegenteil. Nach UNESCO-Reglement müssen ihr Eingriffe in die Welterbe-Landschaft etwa durch Bebauungspläne zur Begutachtung vorgelegt werden, noch bevor sie vor Ort entschieden werden. Damit tut sich das Mittelrheintal schwer, zum Beispiel auf dem Loreley-Plateau.
Dort soll ein 12 Meter hoher, nachts beleuchteter „Kristallfelsen“ über einem „Mythenraum“ gebaut werden. Die UNESCO lehnt dies ab. Auch die neue weiße Dachplane der Freilichtbühne solle rasch durch eine weniger auffällige ersetzt werden.
Landschaftsbild der Loreley erhalten
Die Gutachter begrüßen es, dass der schon beschlossene, überdimensionierte Hotelbau auf dem Plateau abgesagt wurde. Sie mahnen an, dass die Pläne für ein kleineres Hotel vor Baubeschluss vorgelegt werden. Zudem sollte die Betriebsgenehmigung der Sommerrodelbahn nicht verlängert und das Gelände renaturiert werden.
Das ursprüngliche Landschaftsbild der Loreley solle erhalten bleiben. Grundsätzlich fehle ein Konzept, wie nachhaltiger Tourismus im Mittelrheintal realisiert werden soll. Zudem beeinträchtigten Zersiedelung, Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen und Windparks das Welterbe zunehmend negativ.
Rheinbrücke könnte massiv Verkehr ins Tal ziehen
Seit Jahren würden spürbare Maßnahmen zur Reduzierung des Bahnlärms angemahnt, so die Gutachter. Nun fordern sie die Begrenzung der Geschwindigkeit von Güterzügen im Mittelrheintal auf 50 Stundenkilometer. Durchschnittlich fährt alle fünf Minuten ein Zug durchs Tal. Ungenügend seien auch die Pläne für die Rheinbrücke bei St. Goar.
Sie soll vor allem dem Anrainer-Verkehr dienen. Da sie aber eine Abkürzung zwischen links- und rechtsrheinischen Autobahn- und Landstraßenverkehr darstellt, sei davon auszugehen, dass sie massiv mehr Verkehr und Lärm ins Tal zieht. Zudem würde die Brücke dem traditionellen Fährverkehr die Existenzgrundlage nehmen. Es sei nicht zu ersehen, wie das verhindert werden könne.
Koblenzer Seilbahn soll versetzt werden
In Koblenz wünschen die UNESCO-Gutachter die Versetzung der Talstation der Seilbahn zur Festung Ehrenbreitstein. Sie solle kleiner dimensioniert und in Distanz zur Kastor-Kirche aufgestellt werden. Auch das geplante neue Koblenzer Stadtviertel an der Königsbacher Brauerei solle moderater ausfallen. Das riesige, in den 70er Jahren errichtete Lagerhaus, nun als Wohngebäude vorgesehen, solle flacher werden.
Die vielen Institutionen, die sich im Mittelrheintal um die Pflege des UNESCO-Welterbes gruppieren, schreiben die Gutachter, seien auch maßgeblich an den Planungen zur Bundesgartenschau 2029 beteiligt. Hier gelte es einen Interessenkonflikt zu vermeiden. Die konkreten Maßnahmen der Buga könnten sich möglicherweise nicht mit den Vorstellungen der UNESCO vertragen.