Die Landesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag viel vorgenommen. Doch jetzt herrscht Ebbe in der Kasse – ein Nachtragshaushalt soll die Projekte retten.
Loch in der NRW-LandeskasseSchwarz-Grün nimmt neue Schulden auf
Die Zahlen sind ernüchternd. Im Zeitraum von 2024 bis 2028 muss NRW mit Steuermindereinnahmen von 4,9 Milliarden Euro rechnen – in diesem Jahr fehlen 1,2 Milliarden Euro. Das hat die jüngste Steuerschätzung ergeben. NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk will die Einnahmelücke jetzt mit neuen Schulden ausgleichen. „Diese Auswirkungen der Steuerschätzung kompensiert Nordrhein-Westfalen durch die Inanspruchnahme der Konjunkturkomponente, die in der Schuldenbremse verankert ist. Sie wird über einen Nachtragshaushalt eingebracht“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in einer Videoschalte vor Journalisten.
Harte Sparmaßnahmen, die von den Fachpolitikern der Koalitionsfraktionen befürchtet worden waren, sind in NRW damit vom Tisch. Die Steuerprognose für Deutschland hatte ergeben, dass Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr mit 21,9 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen müssen als noch im Herbst angenommen.
Wachstum bleibt in NRW schwach
Im Finanzministerium hieß es, NRW könne sich von der schwachen allgemeinen konjunkturellen Entwicklung nicht abkoppeln. Auch die bestehenden strukturellen Probleme – Fachkräftemangel, stagnierender Konsum, gedämpfte Investitionsbereitschaft, demografische Entwicklung, hohe Regulierungsdichte sowie die notwendige Dekarbonisierungspolitik – wiesen darauf hin, dass sich das Wirtschaftswachstum auch in den kommenden Monaten schwach entwickeln werde.
Noch in der vergangenen Woche hatte Optendrenk einen harten Sparkurs angekündigt. Der CDU-Politiker erklärte, die Landesregierung werde sparsam haushalten und klare Schwerpunkte setzen müssen. Die Steuerentlastungspakete der von der Ampel getragenen Bundesregierung kämen nicht bei den Menschen und Unternehmen an, seien aber in den öffentlichen Haushalten deutlich zu spüren, so der CDU-Politiker. Das bedeute, dass die finanziellen Handlungsspielräume noch enger würden.
Ralf Witzel, finanzpolitischer Sprecher der FDP, hat für den Sinneswandel kein Verständnis. „Der Finanzminister ist an seinen eigenen Ansprüchen krachend gescheitert, einen Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen“, sagte der Liberale dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das sei „peinlich für ihn und bezeichnend für die gesamte Landesregierung“, so Witzel. CDU und Grünen fehle die Kraft und der Wille, kluge Prioritäten im Haushalt zu setzen: „Neue Schulden sind Beschleuniger für die Inflation und gegen die junge Generation gerichtet.“