Seit den 1990ern gilt der Grundsatz: Der EU-Staat, den ein Geflüchteter zuerst betrat, ist für das Asylverfahren zuständig. Rückführungen in die Länder scheitern jedoch häufig - auch in NRW.
Migration in NRWRückführungen nach Bulgarien scheiterten 2024 am häufigsten

Ein Polizeibeamter bringt einen Mann zu einem Abschiebeflug.
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Die Zahl der Dublin-Rückführungen aus NRW ist leicht gestiegen. Im Jahr 2024 überstellte NRW knapp 1274 Geflüchtete in die EU-Länder, in die sie zuerst einreisten – 162 mehr als im Vorjahr. Ob die Rückführungen zustande kommen, hängt jedoch stark von den EU-Staaten ab, in die Geflüchtete zuerst einreisten. Drei von vier Rückführungen nach Bulgarien scheiterten im letzten Jahr.
Das Dublin-Verfahren regelt seit 1997 die Verteilung von Asylbewerbern in der EU: Das Land, das zuerst betreten wird, ist für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig. Das soll vermeiden, dass in mehreren EU-Staaten Asylanträge gestellt werden. Reist die Person weiter, etwa nach Deutschland, kann sie ins Ersteinreiseland zurückgeschickt werden. Dabei gilt eine Frist von sechs Monaten, bei flüchtigen Personen bis zu 18 Monate. Verstreicht diese Frist, durchlaufen sie das nationale Verfahren.
Mit 231 Überstellungen wurden die meisten Asylbewerber im Dublin-Verfahren zurück nach Frankreich gebracht. Österreich nahm 179 Geflüchtete wieder auf, Spanien und die Niederlande je eine dreistellige Zahl. Bei den Überstellungen aus NRW stieg 2024 die Zahl mit 1274 gegenüber 2023 (1112 Rückführungen) und 2022 (953 Rückführungen) leicht an. Das geht aus der Antwort des NRW-Flüchtlingsministeriums auf eine kleine Anfrage der AfD-Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias hervor. Die überstellten Asylbewerber kamen am häufigsten aus Afghanistan, Syrien, der Türkei, Algerien und Angola. Im ersten Quartal 2025 überstellte NRW 325 Geflüchtete in die Ersteinreisestaaten.
Rückführungen nach Bulgarien und Kroatien besonders schwierig
Nur ein Teil der Asylbewerber, bei denen das Dublin-Abkommen greifen würde, wird tatsächlich zurückgeschickt. So auch in NRW: Allein im letzten Jahr misslangen 584 Rückführungen, schreibt das NRW-Flüchtlingsministerium auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Spitzenreiter ist Bulgarien mit 134 gescheiterten Dublin-Überstellungen. Nur 40 klappten. Zum Vergleich: Nach Frankreich konnten nur zwei Geflüchtete nicht überstellt werden. Weitere Länder, in die Rückführungen häufig scheiterten, sind Spanien, Rumänien und Kroatien.
Italien nahm im letzten Jahr keinen einzigen Dublin-Fall zurück. Der Mittelmeerstaat setzte die Überstellungen auf unbestimmte Zeit aus, weil Plätze in Aufnahmeeinrichtungen fehlen. Auch Rückführungen nach Kroatien sind laut einem Sprecher des NRW-Flüchtlingsministeriums „besonders herausfordernd“, weil die dortigen Behörden beispielsweise keine Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen wieder aufnehmen.
Ministerin wegen Überstellungen unter Druck
In Düsseldorf möchte man die Verantwortung für Dublin-Rückführung am liebsten an den Bund abgeben: Die Fristen seien zu kurz, klagt das Ministerium, die Aufnahmebereitschaft einiger EU-Staaten dazu mangelhaft. In einem Maßnahmenpaket fordert das Land unter anderem einheitlichere Rahmenbedingungen in der gesamten EU, mehr Druck auf Airlines sowie Kürzungen von Leistungen für Geflüchtete, die eigentlich Dublin-Fälle sind.
In den letzten Monaten geriet NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul im Zusammenhang mit Dublin-Überführungen immer wieder unter Druck. Der Attentäter, der im August auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen tötete, hätte eigentlich per Dublin-Verfahren nach Bulgarien zurückgeführt werden müssen. Paul hatte daraufhin erklärt, dass Überstellungen nach Bulgarien häufig an den bulgarischen Behörden scheitern. Im U-Ausschuss zeichnete ein Papier ein anderes Bild: Demnach habe Bulgarien die NRW-Behörden eher gebeten, sich bei den Rückführungen an gewisse Tage und Uhrzeiten zu halten. Im Februar schickte das Land sieben Flüchtlinge mit einem extra gecharterten Flugzeug zurück nach Bulgarien. Kosten: 63.470 Euro.