Die Böden in NRW sind erstmals überall wieder nass. Was das für Wald und Landwirtschaft bedeutet.
Regenjahr 2023Die jahrelange Dürre in NRW ist vorbei – Grundwasserpegel haben sich erholt
Die starken und andauernden Niederschläge und die akute Hochwassergefahr lassen es fast vergessen: Wenn es um das Wetter ging, beherrschte in den vergangenen Jahren ein Thema die Berichterstattung in Deutschland – die Dürre. Die erste ungewöhnliche Trockenheit und Hitze der jüngeren Vergangenheit suchte Europa 2018 heim. Laut Deutschem Wetterdienst war es mit durchschnittlich 10,5 Grad das damals wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Außerdem war des vierttrockenste Jahr im selben Zeitraum. Das Wort „Heißzeit“ wurde im Dezember 2018 zum Wort des Jahres gekürt.
Die Hoffnung auf eine Rückkehr der Niederschläge lag auf 2019. Doch fielen die Niederschläge mit plus 1,4 Prozent im Folgejahr ähnlich gering aus wie zuvor. 2020 brachte sogar noch elf Prozent weniger Niederschlag. In 2021 stagnierte es, 2022 war wiederum 18 Prozent weniger Niederschlag registriert worden als im Vorjahr.
Die Folgen sind bis heute unübersehbar. Rund 60 Prozent der Fichtenwälder vertrockneten, oder wurden Opfer des Borkenkäfers. Wegen Wassermangels konnten die Nadelbäume kein Harz zur Abwehr der Schädlinge bilden.
Lange Zeit Dürre in tieferen Schichten des Bodens
Nicht so gut sichtbar: Trotz einiger Regenfälle blieb der Boden in tieferen Schichten trocken. Selbst Buchen und Eichen litten und starben. Die Sorge um sinkende Grundwasserspiegel wuchs. Und selbst in den Regenperioden blieben die Böden unter der Oberfläche weitgehend wasserlos.
Zwar gab es enorme Starkregenereignisse, katastrophal sogar wie etwa am 14. und 15. Juli im Ahrtal. Doch solche enormen Wassermassen lindern die Dürre fast nicht. „Die trockenen Böden können solche Wassermengen kaum aufnehmen, es fließt oberflächlich ab“, sagt Wilhelm Deitermann vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv).
Selbst in Regenphasen meldete die Behörde über Jahre: „Trotz Niederschlägen herrscht im Boden noch Dürre.“
Ein Viertel mehr Niederschlag als im vorigen Jahr
Nun regnet es in NRW seit Monaten. Sind diese Regenmengen nun endlich ausreichend, um Boden, Grundwasser und Natur wieder in einen Normalzustand zu versetzen. Ist die Dürre vorbei?
Die gute Nachricht angesichts der ewig erscheinenden Schmuddelwetterperiode: Vieles sieht nach einem Ende der Dürre aus. „Im Jahr 2023 hatten wir insgesamt sehr viel Regen“, sagt Lanuv-Sprecher Deitermann. Das ist auch in Zahlen belegbar.
In den vergangenen zwölf Monaten sind in der Summe rund 1129 Millimeter Niederschlag gefallen, wodurch sich im Vergleich zum langjährigen Mittel ein Gesamtüberschuss von plus 283 Millimeter für diesen Zeitraum ergibt. Konkret heißt das: 2023 (ohne Dezember) hat es 1129 Liter pro Quadratmeter geregnet, 283 Liter oder ein Viertel mehr als im Vorjahreszeitraum.
Keine Dürreerscheinungen mehr in NRW
Und die zweite gute Nachricht: „Die Niederschläge kamen weniger als Starkregen nieder, sondern als das, was man landläufig Landregen nennt“, sagt Deitermann. Also mittelstarke, lang anhaltende Regenfälle. Auch über das Jahr waren die Niederschläge gut verteilt. Alle Monate von Januar bis November hatten mehr Regen gebracht als ihre Vergleichsmonate 2022.
März, April, August und September hatten ein Fünftel mehr Regen als 2022. Richtig nass wurde dann der Herbst dieses Jahres. Der September war 25 Prozent nasser, der November sogar 33,5 Prozent. Und der noch nicht ausgewertete Dezember war auch extrem regenreich.
„Verglichen mit den langjährigen Bodenfeuchtegehalten für diese Jahreszeit weisen die Böden (bis 1,8 Metern Tiefe) nach den überdurchschnittlichen Niederschlägen der letzten Wochen in NRW nahezu keine Dürreerscheinungen mehr auf“, heißt es auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Lanuv.
In fast ganz NRW ist der Boden in den oberen Bodenschichten gesättigt, also in der für Pflanzen verfügbaren Schicht. Die verfügbare Karte dazu zeigt ganz NRW in tiefem dunkelblau.
Diese Sättigung bringt nach Jahren auch gute Nachrichten fürs Grundwasser. „Die überdurchschnittlichen hohen Niederschlagsummen der vergangenen Monate haben im Wesentlichen zu einem Anstieg der Grundwasserstände geführt“, sagt Deitermann. Der Anteil hoher bis sehr hoher Grundwasserstände liege bei 40 Prozent, im Oktober waren es nur 13 Prozent.
Seit 2016 waren die Grundwasserstände kontinuierlich gesunken, was viele Wasserexperten mit Sorge erfüllt hatte. „2023 war für das Grundwasser ein sehr gutes Jahr“, sagt Deitermann. Grundwasser ist wichtig für die Trinkwassergewinnung, aber auch für einige tiefwurzelnde Bäume wie Eiche, Kiefer oder Esche.
„Aufgrund des überdurchschnittlich nassen Jahres 2023 und insbesondere des Novembers liegen die Talsperrenfüllstände unter Berücksichtigung der Jahreszeit auch zu Beginn des Wasserwirtschaftsjahres 2024 weiterhin auf einem hohen Niveau“, heißt es vom Lanuv.
Konkret sind die Talsperren im Flusssystem der Wupper aktuell zu 77 Prozent gefüllt. Die an der Sieg sogar zu 82 Prozent. Die Betreiber der Talsperren entleeren die Schutzräume der Talsperren, um gegen etwaige Hochwasser handlungsfähig zu sein.
All diese Daten deuten darauf hin, dass die Voraussetzungen für Natur, Wald und Landwirtschaft in der im Frühjahr beginnenden Vegetationsperiode gut sind, besser jedenfalls als in allen fünf zurückliegenden Jahren.