Europa hat gewählt - das Ergebnis spiegelt auch das Stimmungsbild der Menschen in NRW. Wie beurteilen die Parteien in NRW das Ergebnis?
NRW-CDU feiert Ergebnis der EU-WahlWenn Merz ausfällt, wird Wüst Kanzlerkandidat
Die Stimmung ist ausgelassen. Mit einer Gartenparty mit Steaks, Würstchen und Bier feiert die NRW-CDU den Wahlabend mit rund 150 Gästen in der Parteizentrale an der Wasserstraße in Düsseldorf. Die EU-Abgeordneten hatten ihr Wahlkampfteams in die Landeshauptstadt eingeladen, um sich für den Einsatz zu Bedanken.
Aus Sicht der CDU hat sich der Einsatz gelohnt. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Das ist ein sehr gutes Ergebnis für die CDU in Nordrhein-Westfalen. Wir sind mit Abstand stärkste Kraft in unserem Land. Und wir liegen als CDU NRW nicht nur über dem Bundestrend der Union, sondern konnten unser Ergebnis vom letzten Mal auch deutlich verbessern.“
Die CDU nach ersten Hochrechnungen mit 30,8 Prozent in NRW fast so stark wie alle drei Ampel-Parteien zusammen und kann um knapp drei Prozent zulegen. Olaf Scholz sei auf allen Wahlplakaten der SPD zu sehen gewesen, und somit sei das schlechte Ergebnis seiner Partei auch ein Misstrauensvotum gegen den Regierungschef, hieß es bei der Party in Düsseldorf.
Bei der CDU wird es jetzt immer wahrscheinlicher, dass Parteichef Friedrich Merz bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr als Kanzlerkandidat antreten wird. Das Ergebnis in NRW, das über dem Abschneiden der Union im Bund liegt, stärkt aber auch Wüst den Rücken. Sollte Merz sich auf den letzten Metern doch noch selbst durch umstrittene Äußerungen aus dem Rennen nehmen, wäre der Ministerpräsident aus NRW als Ersatzmann wohl auf der Pole-Position.
NRW-Europaminister Nathanael Liminski (CDU), sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, der „Chor der Nein-Sager in Europa“ sei mit dieser Wahl „leider größer“ geworden: „Das schwache Abschneiden der Ampel-Parteien und die Zugewinne der AfD stehen in einem direkten Zusammenhang.“
Die SPD hatte schon 2019 bei der Europawahl mit 15,8 Prozent ein katastrophales Ergebnis erzielt – jetzt wurde der Wert im Bund erneut unterboten. In NRW ist der Wert mit 17,5 Prozent etwas besser. Den Genossen macht zudem Mut, dass es trotz der Pleite gelang, zwei Jahre später den Kanzler zu stellen. „Wir sind Kummer gewöhnt“, sagte ein Spitzengenosse hinter vorgehaltener Hand in Düsseldorf. Man lasse sich nicht entmutigen.
Die Landesliste der SPD führten Jens Geier, Birgit Sippel und Tobias Cremer an. Das Trio genießt parteiintern eine hohe Wertschätzung, ist der breiten Öffentlichkeit aber weitgehend unbekannt. Die Neuaufstellung der NRW-Partei mit der Doppelspitze, die aus dem Bundestagsabgeordneten Achim Post und der Landtagsabgeordneten Sarah Philipp besteht, schlägt bislang offenbar nicht positiv zu Buche. „Das Ergebnis ist für uns enttäuschend und wir haben uns eindeutig mehr erhofft", sagte Philipp. Man werde das Abschneiden in den Gremien aufarbeiten und daraus unsere Schlüsse für die Bundestags- und Kommunalwahl ziehen.
Europawahl auf NRW-Ebene: Grüne verbuchen starke Verluste
Die FDP hatte im Wahlkampf voll auf die Reputation von Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann gesetzt. Die Bundestagsabgeordnete stammt aus Düsseldorf und versuchte mit pointierten Slogans wie „Weniger von der Leyen, mehr von der Freiheit“ zu punkten. Henning Höne, Landesvorsitzender der Liberalen, sagte, es sei „unter schwierigen Bedingungen“ gelungen, in etwa das Ergebnis zu gehalten. In NRW kommen die Liberalen auf laut Hochrechnungen 6,1 Prozent.
Ähnlich wie Strack-Zimmermann genoss auch die Spitzenkandidatin der Grünen, die EU-Politikerin Terry Reinkte die volle Unterstützung ihrer Partei im Wahlkampf. Die 37-Jährige, die sich als Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament profiliert hat, saß 2022 bei den Koalitionsverhandlungen von CDU und Grünen mit am Tisch. Yazgülü Zeybe, Parteichefin der Grünen in NRW, man habe sich „natürlich ein besseres Ergebnis“ gewünscht. „Uns ist es offenbar nicht gelungen, den Menschen ihre Sorgen zu nehmen und zu vermitteln, dass sich Anstrengungen lohnen für einen nachhaltigen Wohlstand und Sicherheit“, so die Politikerin aus Düsseldorf. Auf der Wahlparty hieß es, die Pannen bei der Planung des Heizungsgesetztes von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck würden noch „nachhallen“. In NRW lagen die Grünen bei 12,5 Prozent.
Zu den Gewinnern der Wahl darf sich Bündnis Sahra Wagenknecht zählen, das erstmals bei einem Wahlgang auf dem Stimmzettel gelistet war und aus dem Stand in NRW 4,5 Prozent erzielte. Der Bundestagsabgeordnete Christian Leye aus Duisburg feierte im Berliner Kosmos, einem früheren DDR-Kino. „Uns ist es als erster Partei in der Geschichte der Bundesrepublik gelungen, im Jahr ihrer Gründung die fünf-Prozent-Hürde zu überspringen“, sagte Leye dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Das ist großartig – mit dem BSW muss man rechnen, weil wir eine Lücke im Parteiensystem schließen.“
Die AfD konnte laut Hochrechnung in NRW auf 13,7 Prozent zulegen. Landeschef Martin Vincent sagte, man habe es trotz eines „schwierigen Wahlkampfs“ geschafft, zweitstärkste Kraft zu werden: „Wir gehen nun mit Rückenwind in die kommenden Wahlen dieses Jahr und werden auch dort mit Sicherheit starke Ergebnisse einfahren.“