Gelder für langfristige Projekte, die nicht abgerufen werden, bilden in vielen NRW-Ministerien erhebliche Rücklagen. Ein Gutachter hält die XXL-Polster für rechtswidrig.
NRW-Etat verfassungswidrig?Gutachten bringt Finanzminister Marcus Optendrenk in Bedrängnis
Ein Gutachten der Universität Heidelberg kommt zu dem Ergebnis, dass die Verausgabung von sogenannten Selbstbewirtschaftungsmitteln im Landeshaushalt von NRW gegen verfassungsrechtliche Haushaltsgrundsätze verstößt. Selbstbewirtschaftungsmittel sind Gelder, die für überjährige Projekte wie zum Beispiel Baumaßnahmen zur Verfügung gestellt werden und sich zu beachtlichen Rücklagen anhäufen können, wenn sie nicht abgerufen werden. „Allein im Wissenschaftsministerium liegen mindestens eine Milliarde Euro, die nicht gebunden sind“, sagte SPD-Fraktionschef Jochen Ott am Dienstag. Die SPD hatte das Gutachten in Auftrag gegeben.
Die Opposition hatte sich wiederholt darüber beschwert, dass die Ministerien mithilfe der Selbstbewirtschaftungsmittel „XXL-Portokassen“ bilden könnten. Die Anhäufung „dieses von einem Drachen bewachten Goldschatzes“ sei laut Gutachten rechtswidrig, weil die Reserve-Mittel nur schwer vom Parlament kontrolliert werden könnten, sagte Ott.
Ott über 9,5 Milliarden zur Selbstbewirtschaftung: „Unzulässiger Reptilienfonds“
Der Landesrechnungshof hatte die Praxis schon 2018 moniert. 2025 sind Gesamtausgaben im Landeshaushalt von 105,5 Milliarden Euro vorgesehen. 9,5 Milliarden Euro sollen für die Selbstbewirtschaftung zurückgelegt werden. Dies sei ein „unzulässiger Reptilienfonds“, erklärte der Fraktionschef. Die SPD behalte sich eine Klage vor. NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hatte kürzlich eine Gesetzesänderung vorgelegt, in der die Verfügbarkeit der Selbstbewirtschaftungsmittel auf vier Jahre befristet wird.
Im Etat für 2025 sind hohe Einzelposten bei den Selbstbewirtschaftungsmitteln etwa für die IT-Steuerung des Landes, die Sanierung von Krankenhäusern, den Wasserstoffausbau und die regionale Entwicklung vorgesehen. Die SPD kritisiert, dass die Landesregierung trotz der vorhandenen Reserven rund 83 Millionen Euro im Sozialbereich einsparen will.
Das Finanzministerium erklärte, die Landesregierung habe den Umfang der Selbstbewirtschaftungsmittel bereits deutlich reduziert. Zudem seien im Haushaltsentwurf die Gesamthöhe und die Einzelbestände der Selbstbewirtschaftungsmittel transparent gemacht – und damit die Vorbehalte aus dem Gutachten entkräftet.