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Ministerin Paul will dauerhafte BeteiligungWarum NRW vom Bund dringend finanzielle Unterstützung für Geflüchtete braucht

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AWO: Unterkunft für aus der Ukraine geflüchtete Flüchtlinge, Steinbüchel. Wohnung im Container: Tetiana Oliniye und Sohn Daniil. Foto: Ralf Krieger

Eine Leverkusener Unterkunft für aus der Ukraine geflüchtete Menschen im Juli 2022.

Statt die dringend notwendigen Milliardenhilfen zuzusichern, spricht Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der Chance für Asylverfahren an der EU-Außengrenze.

Es gebe ein „historisches Momentum“ in der europäischen Flüchtlingspolitik, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor einigen Tagen gesagt. Die Bundesregierung strebe an, Asylverfahren künftig bereits an der EU-Außengrenze durchführen zu lassen, und die Chancen dafür stünden gut momentan.

Der Zeitpunkt für diese Aussage war sicher nicht zufällig gewählt. Am Mittwoch kommender Woche hat die Bundesregierung zum Flüchtlingsgipfel geladen, die Bundesländer erwarten dann konkrete Unterstützungen angesichts der ständig steigenden Überbelastung durch Geflüchtete. Statt Milliardenhilfen zuzusagen, fiel es der zuständigen Ministerin im Vorfeld der Gespräche da sicher leichter, über eine europäische Asyl-Arbeitsgruppe statt über konkrete Zahlen zu sprechen.

Überlastung als Normalzustand

Gerade die Kommunen stünden „bei der Unterbringung der Schutzsuchenden sowie bei der Integration vor großen Herausforderungen und leisten derzeit Herausragendes“, mahnt deshalb Josefine Paul (Bündnis 90/Die Grünen), die nordrhein-westfälische Flucht- und Integrationsministerin. Viele der Betroffenen seien schon längst an ihrer Belastungsgrenze, der Bund müsse seiner Verantwortung deshalb „deutlich stärker als bisher nachkommen“. Für die „langfristig wichtige Aufgabe der Integration und die stark gestiegenen Unterbringungskosten“ erwarte sie kommende Woche deshalb „eine Zusage des Bundes über die dauerhafte und strukturelle Beteiligung an den Aufgaben, und nicht per Einmalzahlungen“, betonte die Ministerin.

Aktuell halten sich laut Ausländerzentralregister 217.251 Geflüchtete aus der Ukraine in NRW auf. Dabei handelt es sich um 207.566 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit sowie 9685 Menschen mit anderen Staatsangehörigkeiten. Der Großteil davon, mindestens drei Viertel, sind privat untergebracht.

Zahl der Asylanträge steigt rasant

Hinzu kommen 51.707 Asylbewerber. Die meisten (10.765 Personen) stammen aus Syrien, 7256 aus dem Irak, 6290 Personen aus der Türkei, 6065 aus Afghanistan sowie 4204 aus dem Iran.

Die Asylbewerberzahlen sind im vergangenen Jahr um fast 40 Prozent gestiegen. 2022 gingen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 217.774 Erstanträge ein, davon entfielen 42.859 auf NRW – fast jeder Fünfte also. Ein Jahr zuvor waren es bundesweit nur 148.233 Erstanträge, 29.500 davon in NRW. Und für 2023 wird mit einer weiteren Zunahme gerechnet. In den ersten drei Monaten des Jahres wurden bundesweit bereits 80.978 Erstanträge gestellt, 17.679 davon in NRW – das sind knapp 22 Prozent.

Es sei bedauerlich, dass es europaweit seit Jahren „an der Bereitschaft zu einer solidarischen Verteilung mangelt“, sagte NRW-Ministerin Paul in diesem Zusammenhang. „Klar ist aber auch, dass das individuelle Recht auf Asyl nicht ausgehöhlt werden darf.“

NRW-Familien- und Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) im Landtag.

Der Zugang „zu rechtsstaatlichen Verfahren und einer menschenwürdigen Unterbringung“ dürfe „nicht zur Diskussion gestellt werden“, so die Grünen-Politikerin. Die Kinder, Frauen und Männer, die „vor Krieg, Bomben, Ausbeutung, Verfolgung, Folter und Tod überall auf der Welt“ fliehen und letztlich in NRW ankommen, müssten geschützt und unterstützt werden.