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Empörung über Kürzungen bei Frauenhäusern„Ministerin Paul bricht ihr Wort, mehr für den Schutz gewaltbetroffener Frauen zu tun“

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Eine Frau sitzt vor zerbrochenen Tellern, die auf dem Boden einer Wohnung liegen. Häusliche Gewalt gegen Frauen nimmt weiter zu.

Häusliche Gewalt gegen Frauen geschieht immer öfter, das Hilfesystem dagegen verliert die Unterstützung.

Die Gewalt gegen Frauen nimmt zu, aber das Hilfesystem ist völlig unterfinanziert. Jetzt will Schwarz-Grün im nächsten Jahr auch noch 1,9 Millionen Euro bei den Frauenhäusern und in der Beratung einsparen. Lässt Frauenministerin Josefine Paul die Opfer im Stich?

Die Zahlen sind alarmierend. In Deutschland wird pro Stunde 14 Frauen in der Partnerschaft Gewalt angetan. Nahezu täglich versucht ein Mann, seine Partnerin umzubringen. Das Lagebild „Häusliche Gewalt“ des Landeskriminalamts in Düsseldorf zeigt eine Zunahme der Fälle um 9,7 Prozent auf. „Wir benötigen mehr Frauenhausplätze, mehr Beratungskapazitäten, mehr Kinderschutz und bessere soziale Hilfen“, fordert Etta Hallenga vom NRW-Netzwerk gegen Gewalt an Frauen in einem Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Frauenministerin Josefine Paul (Grüne). Schwarz-Grün will im Etat 2025 allerdings 1,9 Millionen Euro kürzen.

Josefine Paul (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.

Christian Woltering, Vorstand des Paritätischen NRW, kritisiert Familienministerin Josefine Paul (Grüne) dafür, dass sie die Kürzungen mitträgt.

Das Lagebild der Bundesregierung zu den „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten“ hatte vor zwei Tagen ein Schlaglicht auf den Handlungsbedarf bei der Gewaltprävention geworfen. Demnach wurden im vergangenen Jahr 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten, das sind 6,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Etwa die Hälfte der Opfer war unter 18 Jahre alt.

Bei der häuslichen Gewalt kommen die Täter aus dem direkten familiären Umfeld. Der Schutzbedarf ist groß, aber in NRW geraten die Einrichtungen an ihre Kapazitätsgrenzen. Schon seit Jahren steht der zunehmenden Aggression gegen Frauen und Mädchen auch in NRW ein chronisch unterfinanziertes Hilfesystem gegenüber. Der Verein „Frauenhauskoordinierung“ schätzt, dass bundesweit mehr als 14.000 Frauenhausplätze fehlen.

Hallenga: Wir können nicht auch noch Spenden einwerben

Aktuell gibt es in NRW 68 Frauenhäuser mit insgesamt 676 Schutzplätzen. Die geplanten Kürzungen treffen die Einrichtungen mit voller Härte. Die Mitarbeiterinnen seien in ihrem herausfordernden Arbeitsfeld täglich mit Opfern von Unterdrückung, Diskriminierung, wiederholten Schlägen bis hin zu Folter konfrontiert, erklärt das NRW-Netzwerk. Ihnen sei nicht zuzumuten, künftig „auch noch Spenden für ihre Arbeit einwerben“ zu müssen, so Etta Hallenga.

Das Netzwerk wirft Schwarz-Grün vor, durch die Einsparvorhaben die Täter zu „finanzieren“. „Viele Einrichtungen stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Frauen und Kinder finden keine Schutzplätze vor Männergewalt, Beratungsstellen haben zu wenig Personal, um den steigenden Bedarfen und Anfragen gerecht zu werden“, heißt es in dem Schreiben an Wüst. Gewalt gegen Frauen sei „keine Nebensache“. NRW müsse endlich „ernsthaft handeln“.

Christian Woltering ist Vorstand des Paritätischen NRW, der die Arbeit des Netzwerks unterstützt. „Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen in NRW sind komplett überlastet und stehen bereits jetzt finanziell mit dem Rücken zur Wand“, sagte Woltering dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Damit Frauen und Kinder nicht länger abgewiesen werden müssten, bräuchte es mehr Unterstützungsangebote in NRW. Doch mit der Kürzung um 1,9 Millionen Euro drohe das Gegenteil. „Ministerin Paul bricht damit ein weiteres Mal ihr Wort, mehr für den Schutz gewaltbetroffener Frauen zu tun.“