Obwohl Schwarz-Grün geplante Kürzungen im NRW-Etat fast halbiert hat, hagelt es Kritik an den Regierungsplänen. Im Landtag kam es zu einem heftigen Schlagabtausch.
Debatte um SozialkürzungenNRW-Haushalt: Opposition wirft Schwarz-Grün „Voodoo-Finanzpolitik“ vor
Nach den Massenprotesten gegen die von Schwarz-Grün geplanten Haushaltskürzungen im Sozialbereich hat die Landesregierung einen Großteil der Einsparungen zurückgenommen. Bei der Plenarsitzung am Mittwoch brachten die regierungstragenden Fraktionen die entsprechenden Änderungsanträge ein. Alexander Baer, Haushaltsexperte der SPD, warf CDU und Grünen eine unredliche Vorgehensweise vor. „Um ehrlich zu sein, kommt mir diese Taktik fast so vor, als seien wir hier beim Pokern oder einem unseriösen Autoverkäufer“, so der Oppositionspolitiker. „Hoch reingehen und wenn man sieht, es läuft nicht, langsam wieder runtergehen.“ Dies sei „eine perfide und miese Strategie auf dem Rücken aller Beteiligten“.
In Düsseldorf waren im November mehr als 32.000 Demonstranten gegen die Kürzungspläne auf die Straße gegangen. Damals waren Einsparungen von 83 Millionen Euro geplant, jetzt ist die Summe auf 43 Millionen zusammengeschmolzen. Simon Rock, Haushaltsexperte der Grünen, sagte, jeder Euro sei noch mal umgedreht worden. „Wir sparen bewusst nicht bei den Ärmsten. Den Grünen ist die soziale Infrastruktur nicht egal.“
Die zusätzlichen Mittel konnten durch Umschichtungen im Haushaltsentwurf, Finanzierungen über den Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie durch zusätzliche Investitionen in den Präventionsbereich durch das Maßnahmenpaket nach dem Anschlag von Solingen bereitgestellt werden.
Die Ausgaben im Bereich Asyl und Flucht wurden um 17 Millionen Euro erhöht. Zwei Millionen Euro wurden zugunsten der Familienberatung verschoben. Der Gewaltschutz von Frauen und ihren Kindern erhält 1,89 Millionen Euro mehr als zunächst vorgesehen. Beim Täter-Opfer-Ausgleich gab es eine Verbesserung in Höhe von 500.000 Euro.
Mehr Geld als geplant gibt es auch für die Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderungen (7,8 Millionen Euro), für die Suchtberatung von Wohnungslosen (1,6 Millionen Euro) und für das Projekt „Alle Essen mit“, bei dem es die Armutsbekämpfung von Kindern geht (1,6 Millionen Euro).
Das Land plant für das kommende Jahr Ausgaben in Höhe von 105,5 Milliarden Euro ein – knapp drei Milliarden mehr als 2024. Dabei will Schwarz-Grün erneut die sogenannte Konjunkturkomponente der Schuldenbremse nutzen, um innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen neue Kredite in Milliardenhöhe aufnehmen zu können.
Für die schlechte Wirtschaftslage des Landes machte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk die aus seiner Sicht verfehlte Wirtschafts- und Steuerpolitik der zerbrochenen Ampel-Regierung verantwortlich. Diese habe dem Land Steuermindereinnahmen in Milliardenhöhe verursacht. Der Auftragsmangel der deutschen Wirtschaft sei so akut wie seit der weltweiten Finanzkrise 2009 nicht mehr. Bereits rund 40 Prozent der Industrieunternehmen planten, Investitionen in Deutschland zu reduzieren. „Das hat auch enorme Auswirkungen auf Nordrhein-Westfalen“, sagte der CDU-Politiker. Alle Ressorts seien zu „schmerzhaften Einsparungen“ gezwungen. Mehr Geld werde für den Bereich Bildung in die Hand genommen. Hier gibt Schwarz-Grün die Rekordsumme von 42 Milliarden Euro aus, das ist ein Anstieg um elf Prozent seit 2023.
Die Opposition warf der Landesregierung vor, nicht alle finanziellen Möglichkeiten genutzt zu haben. Für 2025 seien die sogenannten Selbstbewirtschaftungsmittel – das sind Rücklagen, über die die Ministerien verfügen können, auf mehr als neun Milliarden angewachsen. „Schwarz-Grün sitzt auf diesem Goldschatz, als wäre es eine Geheimschatulle für eigene Lieblingsprojekte“, sagte der Abgeordnete Baer.
Ralf Witzel, Finanzexperte der FDP, kritisierte, dass es der Landesregierung trotz steigender Steuereinnahmen nicht gelinge, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen: „Statt der vielbeschworenen schwarzen Null präsentiert Schwarz-Grün eine Finanzpolitik voller Sondereffekte und Schönrechnerei“, sagte der Liberale. Mehr Wohlstand durch neue Schulden erzeugen zu wollen, sei „Voodoo-Finanzpolitik“. NRW-Finanzminister Optendrenk sei dringend eine Schuldnerberatung zu empfehlen, so Witzel: „Die FDP bietet ihm diese kostenfrei an.“