Die Gerichte in NRW sind überlastet. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz birgt die Chance, Verfahren zu beschleunigen.
Justizminister Limbach startet ProjektWie Künstliche Intelligenz die Richter in NRW entlasten soll
Die schwarz-grüne Landesregierung will die Arbeit von Richtern durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz beschleunigen. Das geht aus einem Schreiben von NRW-Justizminister Benjamin Limbach an den Landtag hervor, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. „Künstliche Intelligenz wird eine Richterin oder einen Richter niemals ersetzen. Sie kann ihnen aber wirkungsvoll assistieren und ihre Arbeit erleichtern“, sagte der Politiker der Grünen unserer Zeitung.
In einem Forschungsprojekt, an dem auch Universität Köln mitwirkt, will NRW gemeinsam mit Bayern ein speziell auf die Bedürfnisse der Justiz abgestimmtes „Generatives Sprachmodell der Justiz" (GSJ) entwickeln. So könnten die Gerichte unter anderem in Massenverfahren wie beim Anlegerschutz oder bei Streitigkeiten über Allgemeine Geschäftsbedingungen entlastet werden. Im NRW-Justizministerium hieß es, die Vereinbarung sei jetzt unterschriftsreif und könne starten.
In den Gerichten türmen sich Akten
Das GSJ soll in der Lage sein, neue Textinhalte zu generieren, in dem zum Beispiel Bausteine umformuliert und holprige Übergänge vermieden werden. Im zivilrichterlichen Bereich könnte das Sprachmodell in die bereits bestehende IT-Struktur der Justiz integriert werden und den Richterinnen und Richtern helfen, Inhalte von Akten schneller zu erfassen und auszuwerten.
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In den Geschäftsstellen der meisten Gerichte in NRW türmen sich die Aktenberge. Allein bei den Amtsgerichten wurden 2023 mehr als 156.000 neue Strafverfahren eröffnet. Die Richter müssen viel Zeit investieren, um den Überblick zu behalten. Künftig sollen automatisch generierte Übersichten den Inhalt von Dokumenten oder Akten anhand von Suchfragen chronologisch ausgewertet und strukturiert darstellen. So ließen sich unstreitige Sachverhalte aus der Akte herausfiltern, hieß es im NRW-Justizministerium.
Bund übernimmt Projektkosten
Zudem könnten bei Verfahren, die im Sachverhalt ähnlich sind und denen die gleiche Rechtsfrage zugrunde liegt, Schriftsätze aus verschiedenen Akten verglichen werden. Aus höchstrichterlichen Urteilen könnten zitierwürdige rechtliche Regeln extrahiert und den Richterinnen und Richtern zur Zitierung vorgeschlagen werden. Die technische Entwicklung des Modells übernimmt die TU München, die aus Bayern und NRW Trainingsdaten aus gerichtlichen Entscheidungen erhält. Die Landesjustizverwaltung unterstützt das Projekt in der Entwicklungs- und in der Erprobungsphase mit Personal.
Die Entwicklungskosten werden über die gesamte Laufzeit bis Ende 2026 vollständig vom Bund übernommen und mit 1,8 Millionen Euro veranschlagt. „Welches Potenzial in KI für die Justiz steckt, wollen wir jetzt erforschen“, sagte NRW-Justizminister Limbach. Ziel sei es, „auf Augenhöhe mit der Anwaltschaft“ zu agieren, die die Gerichte ihrerseits „schon heute in Massenverfahren mit künstlich generierten Schriftsätzen fluten“ würden.