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NRW-Opposition wittert VertuschungKölner Ex-Bandidos-Chef aus Euskirchener Gefängnis geflohen

Lesezeit 3 Minuten
DerKölner Bandidos-Rocker Aykut Ö. sitzt auf einem Motorrad.

Hätte der Kölner Bandidos-Rocker Aykut Ö. mit seiner Vorgeschichte überhaupt nach Euskirchen gebracht werden dürfen?

Der Bandidos-Rocker Aykut Ö., Ex-Chef der Kölner Bandidos, hält die Justiz schon seit Jahren zum Narren.

Düsseldorf/Euskirchen. Als am 16. Januar in der JVA Euskirchen der Hofgang vorbei war, war Aykut Ö. (35) verschwunden. Das war auch nicht schwer: Das Gefängnis gehört zum offenen Vollzug, daher gibt es keine großen Sicherungsmaßnahmen. Dennoch ist die Flucht brisant: Aykut Ö. war Chef der Kölner „Bandidos“, sorgte immer wieder für Schlagzeilen. Dass er abgehauen ist, erfuhren die zuständigen Landtagspolitiker erst elf Tage später – weil eine Zeitung recherchierte. Die Opposition wittert Vertuschung.

Die JVA Euskirchen habe das Ministerium am Tag nach der Flucht schriftlich informiert, so ein Ministeriumssprecher gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Landtag sei dann am vergangenen Freitag (27. Januar) informiert worden, weil es „mediales Interesse“ gegeben habe. Hintergrund: Die „Bild-Zeitung“ hatte Wind von der Rocker-Flucht bekommen und offiziell angefragt.

Am Freitag informierte also eine Mitarbeiterin von Minister Benjamin Limbach (Grüne) die für den Strafvollzug zuständigen Abgeordneten („es ist davon auszugehen, dass die Entweichung voraussichtlich Gegenstand einer überörtlichen Presseberichterstattung wird, weshalb ich hiermit über das Vorkommnis informiere“).

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Damit die Politiker nicht erst aus der Zeitung erfahren, was es mit Aykut Ö. auf sich hat, fasste das Ministerium die Geschichte noch mal zusammen: Als Rocker habe er vor seiner „aktuellen Inhaftierung“ Schlagzeilen gemacht, weil er „u.a. mit aufgesetzten Argumenten über einen längeren Zeitraum versucht hatte, seinen Strafantritt zu umgehen und sich schließlich ins Ausland abgesetzt hatte.“

Konkret hatte der Rocker-Boss nach Schüssen am Kölner Hauptbahnhof nach einem Urteil 2020 schon einen Rest von zweieinhalb Jahren in Euskirchen absitzen sollen. Aykut Ö. schob das immer weiter raus: Erst hieß es, seine Frau sei schwanger. Dann, er habe Corona. Schließlich schob er einen Hexenschuss vor. Als es der Justiz zu bunt wurde, hatte der Türke sich nach Marbella (Spanien) abgesetzt.

Durch Zufall fand ihn die spanische Polizei – Auslieferung nach Deutschland, wo er am 2. November 2021 zunächst in den geschlossenen Vollzug kam. Vor fünf Wochen wurde Aykut Ö. laut Ministerium dann „im Rahmen der Entlassungsvorbereitungen“ in den Offenen Vollzug in Euskirchen verlegt. Dort sollte er noch bis zum 10. Juni ausharren.

Darauf hatte der Mann offensichtlich keine Lust. Laut „Bild-Zeitung“, die in der Rocker-Szene gute Quellen hat, soll Aykut Ö. wieder in Marbella untergekommen sein. Er wird erneut mit internationalem Haftbefehl gesucht.

Warum erfahren wir erst jetzt davon?“
Sonja Bongers, SPD-Abgeordnete

Hätte der Rocker mit seiner Vorgeschichte überhaupt nach Euskirchen gebracht werden dürfen? „Die mit der Verlegung in Zusammenhang stehenden vollzuglichen Entscheidungen werde ich einer dienst- und fachaufsichtlichen Prüfung unterziehen“, schreibt die zuständige Abteilungsleiterin in ihrer Info an den Landtag.

Die Opposition ist sauer: Zwei Tage nach der Flucht saß Minister Limbach im Rechtsausschuss, ohne den Vorfall zu erwähnen. Dass er rauskam, lag an den Medienrecherchen. „Warum erfahren wir erst jetzt davon?“, will die SPD-Abgeordnete Sonja Bongers nun wissen: „Sollte die Flucht etwa unter der Decke bleiben? Der Minister wird uns dazu viele Fragen beantworten müssen.“