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Neutralitätsgebot an SchulenNRW-Schulministerin Feller stellt klar: Politische Diskussionen bleiben vor der Wahl erlaubt

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Dorothee Feller (CDU), Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, spricht bei einer Pressekonferenz.

Ministerin Dorothee Feller (CDU) erklärte, Ziel des Neutralitäts- und Abstandsgebot sei, Einflussnahme auf Schülerinnen und Schüler zu vermeiden.

Ein Schreiben der Bezirksregierungen löste eine Debatte um politische Bildung an Schulen aus. Was es mit dem Neutralitätsgebot wirklich auf sich hat.

Die Empörung war so groß, dass sich Schulministerin Dorothee Feller (CDU) rasch um Klarstellung bemühte. Am Montag hatte ihr Ministerium die Schulen noch über die Bezirksregierungen in einem Schreiben auf die politische Neutralitätspflicht hingewiesen und aufgefordert, das Abstandsgebot von sechs Wochen vor der Bundestagswahl für den Besuch von Politikern einzuhalten. Und zwar trotz der Kurzfristigkeit der am 23. Februar anstehenden Wahl. Da die Frist bereits angelaufen ist, wurde der Hinweis so interpretiert, dass keine Podiumsdiskussionen mit Parteivertretern an Schulen mehr abgehalten werden sollen.

Jetzt erläuterte das Schulministerium, ein entsprechendes Schreiben der Bezirksregierungen auf das Neutralitäts- und Abstandsgebot vor Wahlen sei seit vielen Jahren übliche Praxis. Ziel sei, Einflussnahme auf Schülerinnen und Schüler zu vermeiden. Das Gebot sei aber keine starre Grenze und bedeute ausdrücklich kein Verbot etwa von Podiumsdiskussion – „sofern sie den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien wahren und ein breites Meinungsspektrum abbilden“, hieß es aus dem Schulministerium. Was indirekt wohl bedeutet, dass auch die AfD mit auf dem Podium sitzen muss.

Die schulpolitische Sprecherin der SPD, Dilek Engin hatte den Brief Fellers zuvor als indirektes Verbot von Podiumsdiskussionen verstanden und ihr „politische Bildungskapitulation“ vorgeworfen. Es könne keine Neutralität gegenüber der Verfassung geben. „Wo sonst als in der Schule sollten sich Schüler über Politik, Parteien und Demokratie informieren, wenn nicht in selbst organisierten und geplanten Diskussionen“, hatten auch die Sozialdemokraten im Unterbezirk Köln moniert. Die Kölner FDP kritisierte, dass das Abstandsgebot nicht für ausgewogen besetzte Diskussionsveranstaltungen gelten dürfe, da diese zum Wesenskern des demokratischen Wettbewerbs gehörten.

Für die Schulen bleibt ein Dilemma

Trotz der Klarstellung des Ministeriums bleibt für die Schulen ein Dilemma: Laden sie die AfD ein, tolerieren sie die Verbreitung rechtspopulistischer und schlimmstenfalls ausländer- und minderheitenfeindlicher Positionen in ihrer Schule. Laden sie diese nicht ein, macht die AfD dies unter Androhung von Konsequenzen mit Hinweis auf das Neutralitätsgebot zum Thema im Landtag. So geschehen etwa im Europawahlkampf im Juni.

Damals hatte das Kölner Ursulinengymnasium nur die Vertreter von SPD, CDU, Grünen und FDP zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Daraufhin hatte die AfD die Landesregierung in einer kleinen Anfrage um Stellungnahme gebeten. Diese hatte darauf hingewiesen, dass das Ursulinengymnasium als Ersatzschule in Trägerschaft des Erzbistums nicht zu staatlicher Neutralität verpflichtet sei. Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW Hamburg können auch Podiumsdiskussionen ohne AfD veranstaltet werden. Das Neutralitätsgebot gelte nur, wenn es sich um eine offizielle Schulveranstaltung handele. An Schulen könnten demnach auch außerschulische Veranstaltungen stattfinden, solange Eltern oder Schüler die Organisation außerhalb des Unterrichts übernähmen.