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NRW startet Ausbildungsoffensive400 neue Lokführer werden pro Jahr gesucht

Lesezeit 3 Minuten
ARCHIV - 13.06.2023, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: «Aufgrund eines erhöhten Krankenstandes» steht auf einer Bahnsteiganzeige am Hauptbahnhof Düsseldorf. Die Landesregierung will ihre Maßnahmen gegen den Personalmangel im Bahnverkehr noch einmal verstärken. Seit Monaten fallen in Nordrhein-Westfalen Züge aus, weil Lokführer oder Stellwerks-Mitarbeiter fehlen. (zu dpa "Personalnot bei der Bahn - NRW verstärkt das Werben um Fachkräfte") Foto: Arne Meyer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Klare Ansage: Seit Monaten fallen in Nordrhein-Westfalen Züge aus, weil Lokführer oder Stellwerksmitarbeiter fehlen. Foto: dpa

Die Nahverkehrsbranche wirbt mit sicheren Arbeitsplätzen und einer guten Ausbildung. Allerdings ist der Stressfaktor sehr hoch.

Mit rund sechs Millionen Euro und einer Beschäftigungsoffensive will NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) dem Personalmangel im öffentlichen Nahverkehr entgegenwirken. Bis 2027 wird jeder Fünfte der 3000 Lokführer in NRW in Rente gehen. Auch bei Disponenten, Kundenbetreuern und dem Stellwerkspersonal gibt es erhebliche Probleme mit dem Nachwuchs.

Fachkräftemangel führt zu Verspätungen

Mit dem Geld soll Fokus Bahn NRW, der Zusammenschluss aller Eisenbahnverkehrsunternehmen und Verkehrsverbünde im Land, die Zahl der Plätze in den Qualifikationskursen um 100 auf 265 nahezu verdoppeln. Dass immer mehr S-Bahnen und Regionalzüge verspätet seien oder ganz ausfielen, hat laut Krischer vor allem drei Ursachen: die marode Infrastruktur, die vielen Baustellen mit Streckensperrungen und Umleitungen – und den Fachkräftemangel.

Die Personaldecke ist einfach zu dünn
Oliver Krischer, NRW-Verkehrsminister

„Die Personaldecke ist einfach zu dünn“, sagte Krischer am Mittwoch in Düsseldorf. „Jetzt stehen auch noch der Herbst und der Winter mit erwartbaren Grippe- und Erkältungswellen vor der Tür. Damit verschärfen sich die Probleme für die Fahrgäste, die den Fachkräftemangel schon jetzt tagtäglich durch Verspätungen, Ausfälle und Schienenersatzverkehre deutlich zu spüren bekommen.“

Der Krankenstand bei den Lokführern liege derzeit bei 15 Prozent und habe sich im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie nahezu verdoppelt. „Wir fahren in den Baustellenkorridoren teilweise 150 Prozent der Züge, die dort eigentlich unterwegs sein dürfen“, sagte Marcel Winter, Programmleiter bei Fokus Bahn NRW. „Das Personal rackert sich ab, die Verspätungen machen jeden Dienstplan zunichte. Es ist kaum mehr etwas planbar, selbst die eigene Freizeit nicht. Wenn durch Baustellen Linien getrennt werden müssen, brauchen wir noch mehr Personal.“

Baustellen und Störungen sind der größte Stressfaktor

Eine von Fokus Bahn NRW in Auftrag gegebene Branchenbefragung, an der sich mehr als 1500 Mitarbeitende der Nahverkehrsbahnen in NRW beteiligten, habe ergeben, dass „die täglichen Störungen und Baustellen der größte Stressfaktor“ seien, so Winter. Vor allem in den Leitstellen sei der Stress deshalb besonders hoch.

Pro Jahr werden nach Berechnungen von Fokus Bahn rund 400 neue Lokführer benötigt. Ihre Ausbildung dauert je nach Vorbildung zwischen 15 und 18 Monaten. Dabei ist die Quote von Abbrechern und Kandidaten, die durch die Prüfung fallen, mit einem Drittel relativ hoch. Allen erfolgreichen Absolventen garantieren die Eisenbahnunternehmen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. „Die Jobs in unserer Branche sind sicher“, so Winter.

Seit 2019 hat Fokus Bahn NRW insgesamt 490 neue Lokführer ausgebildet, von denen rund 20 Prozent die Verkehrsbranche wieder verlassen haben. Händeringend gesucht werden auch Kundenbetreuer im Nahverkehr, mit denen der Personalbestand im Nahverkehr von derzeit rund 1500 auf 2100 erhöht werden soll. 300 Stellen konnten bereits besetzt werden. Ziel sei es, in jeder S-Bahn und jedem Regionalzug auch aus Sicherheitsgründen künftig zwei Kundenbetreuer an Bord zu haben.