Drückt sich die Landesregierung davor, Qualitätsstandards für die Betreuung festzulegen, weil das hohe Folgekosten verursachen würde?
Streit um OGS an GrundschulenNRW-Schulministerin Feller will Pläne für Ganztagsbetreuung geheim halten
Eine gesicherte Ganztagsbetreuung an Grundschulen ist für viele Eltern die Voraussetzung dafür, einen Beruf ausüben zu können. Ab dem Schuljahr 2026/2027 haben die Kinder einen Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich vor zwei Jahren in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, ein Gesetz zu erlassen, in dem die Qualitätsstandards für die Betreuung festgelegt werden. Was wird daraus? In der Antwort auf eine Anfrage der SPD verweigert Schulministerin Dorothee Feller (CDU) jetzt die Auskunft. Die Einzelheiten beträfen den „regierungsinternen Willensbildungsprozess“ – und seien daher geheim.
Der Städtetag in NRW hat das versprochene OGS-Ausführungsgesetz bereits mehrfach angemahnt. Die Kommunen wollen wissen, welche Anforderungen bei der Betreuung erfüllt werden müssen. Dabei geht es nicht nur um den zeitlichen Rahmen, sondern auch um den Raumbedarf und den Personalschlüssel. Denn daraus ergibt sich, ob die Kinder nur „verwahrt“ werden – oder ob es Hausaufgabenbetreuung, Sport-, Spiel- und Kursangebote für eine musische Förderung geben wird.
OGS NRW: Feller stellte lediglich Leitlinien vor
Bislang sind die Kommunen als Schulträger für den Ganztag zuständig. Sollte das Land jetzt gesetzliche Vorgaben machen, greift das Konnexitätsprinzip – wer Leistungen bestellt, muss sie auch bezahlen. Die SPD vermutet, dass sich Schwarz-Grün davor wegen der angespannten Haushaltslage drücken will. Im März wurden im Schulausschuss des Landtags lediglich „Leitlinien“ vorgestellt, die besagen, dass der Rechtsanspruch acht Stunden pro Schultag umfassen soll. Der „regierungsinterne Prozess“ sei „noch nicht abgeschlossen“, heißt es in der Feller-Antwort auf die SPD-Nachfrage. Eine Aussage, die viele Deutungen zulässt.
Dilek Engin, Schulexpertin der SPD, spricht von einem „Versteckspiel“. Fest steht, dass ein Ausführungsgesetz ganz erhebliche Zusatzausgaben bedeuten würde. Das Land rechnet insgesamt mit einem Bedarf für rund 80 Prozent der Grundschulkinder. Aktuell gibt es in NRW rund 700.000 Grundschüler.
Aus der Ministerialbürokratie gibt es Hinweise, dass es tatsächlich den Versuch gab, die im Koalitionsvertrag angekündigten OGS-Pläne umzusetzen. „Offenbar haben sich Familienministerin Paul von den Grünen und Schulministerin Feller von der CDU aber nicht einigen können“, vermutet SPD-Schulexpertin Engin. Leidtragende seien jetzt die berufstätigen Familien – und die Kommunen, die nicht wüssten, wie es weitergeht: „Die Zeit bis zum Rechtsanspruch 2026 wird immer knapper. Wenn Eltern dann keinen OGS-Platz für ihre Kinder bekommen, ist das alleine das Verschulden von Hendrik Wüst und seiner Regierung.“
Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen heißt es auf Seite 60: „Durch eine schulrechtliche Verankerung und im Rahmen eines Landesausführungsgesetzes stärken wir die Qualität des Ganztags. Sowohl im Bereich der frühkindlichen Bildung als auch im Bereich des schulischen Ganztags wollen wir eine Fachkräfte- und Qualitätsoffensive.“ Ziel sei es, Mindeststandards für den Ganztag in enger Abstimmung mit den Schul- und Jugendhilfeträgern festzulegen. „Dazu gehört, ein Fachkräftegebot umzusetzen und multiprofessionelle Teams zu ermöglichen und zu fördern.“
Der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder geht auf ein Bundesgesetz von 2021 zurück. Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufen einen Betreuungsanspruch haben. Der soll in den Folgejahren stufenweise ausgeweitet werden, so dass ab August 2029 jedes Grundschulkind ein OGS-Platz bereitstehen soll.