Die Schleuserbande operierte zum Teil aus Köln. Im Kreis Düren nahm die Polizei einen Mitarbeiter der Kreisverwaltung fest.
Razzien auch in KölnSchleuserbande brachte hunderte reiche Ausländer nach NRW – zehn Festnahmen
Über 1000 Einsatzkräfte führten am Mittwochmorgen bundesweit Razzien gegen eine Gruppe durch, die seit Jahren reiche Ausländer bandenmäßig nach Nordrhein-Westfalen geschleust haben soll. Auch im Kölner Stadtgebiet wurden zwölf Objekte durchsucht, darunter Wohnungen und Geschäftsräume. Bundesweit setzte die Bundespolizei 101 Durchsuchungsbeschlüsse durch. Die Staatsanwaltschaft ermittelte zudem wegen des Verdachts der Bestechung und Geldwäsche.
Das Ermittlungsverfahren lief unter dem Namen „Investor“, erklärte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf am Mittwoch. Die mutmaßlich kriminell Geschleusten wollten demnach vorgeblich Investitionen in Deutschland tätigen. Federführend bei der Ermittlung war die Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten (ZeOS).
Im Visier der Ermittler sind 38 Bandenmitglieder und 147 geschleuste Personen. Hauptbeschuldigte sind zwei 42 und 46 Jahre alte Rechtsanwälte aus dem Kölner Raum. Die Mehrheit der geschleusten Personen sind Chinesen, einige weitere kommen aus dem Oman, dem weiteren arabischen Raum, Südafrika und Indien. Für den deutschen Aufenthaltstitel zahlten sie bis zu 360.000 Euro. Die Schleusungen organisierten offenbar maßgeblich zwei Rechtsanwaltskanzleien, mindestens eine befindet sich im Stadtgebiet Köln.
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Mitarbeiter des Kreises Düren wegen Bestechung festgenommen
Die Anwerbungen liefen über das Internet: Die Schleuser lockten auf Webseiten mit den Vorteilen des Aufenthaltstitels, priesen das deutsche Gesundheitssystem und die Bildungsmöglichkeiten, sie stellten sogar die deutsche Staatsbürgerschaft in Aussicht. Ihre Klienten erteilten den Anwälten eine Generalvollmacht. Damit eröffneten die Rechtsanwälte und ihre Mitarbeiter Bankkonten, erstellten Arbeitsverträge mit in Deutschland registrierten Scheinfirmen und besorgten reale wie Scheinwohnsitze.
Diese Unterlagen schickte die Kanzlei den Ermittlungen zufolge in die jeweiligen Auslandsvertretungen. Sobald die Personen in Deutschland landeten, schickten sie die Papiere auch an die jeweiligen Ausländerbehörden in Solingen, Kerpen, dem Kreis Düren und dem Kreis Rhein-Erft. Auch die Behörden wurden durchsucht; die Mitarbeiter gelten in fast allen Fällen jedoch nicht als Beschuldigte, sondern als Zeugen. Einzig im Kreis Düren nahm die Polizei einen Mitarbeiter der Kreisverwaltung fest: Er soll gegen Bestechungsgelder bei den Schleusungen maßgeblich mitgearbeitet haben.
Nach ein paar Jahren bekamen viele geschleuste Personen eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis und konnten dadurch auch in andere Kreise und Bundesländer ziehen. Deshalb durchsuchte die Bundespolizei auch Objekte in Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, BadenWürttemberg und Bayern.
Ermittler wissen nicht, wo sich ein Großteil der geschleusten Personen aufhält
Die Razzien sind das Ergebnis jahrelanger Ermittlungen. Den ersten Hinweis gab das deutsche Konsulat in Guangzhou: Mitarbeitern war aufgefallen, dass immer häufiger Visa von denselben Zielorten beantragt wurden – dazu mit „zweifelhaften Angaben“, so Staatsanwalt Hendrik Trimmer. Auch in den Ausländerbehörden wurden kurz darauf erste Sachbearbeiter misstrauisch, zudem meldeten Banken Verdachtsfälle von Geldwäsche. Im Jahr 2020 nahm die Staatsanwaltschaft Düsseldorf verdeckt die Ermittlungen und Überwachungsmaßnahmen auf, so Trimmer.
Die Staatsanwaltschaft und Polizei brach am frühen Mittwochmorgen um vier Uhr mit elf Haftbefehlen auf. Zehn mutmaßliche Schleuser konnte die Polizei festnehmen, darunter einen der Hauptbeschuldigten, eine weitere Rechtsanwältin, Geschäftsführer der Scheinfirmen und der Mitarbeiter des Kreisverwaltung Düren. Den zweiten Hauptbeschuldigten traf die Polizei offenbar nicht an.
Geschleuste Personen wurden nicht verhaftet. „Sie machen sich strafbar wegen falscher Angaben und dem illegalen Aufenthalt“, sagte Trimmer. Das Strafmaß sei jedoch nicht so hoch wie bei einer tatsächlichen Schleusungstat. Gegen 147 Drittstaatsangehörige laufen Ermittlungen, zusammen mit ihren Familien geht die Staatsanwaltschaft von mindestens 342 Personen aus. Vermutlich liegt die tatsächliche Zahl noch deutlich höher. Ihre erschlichene Aufenthaltserlaubnis ist nun unwirksam, solange jedoch Strafverfahren gegen sie laufen, werde die Abschiebung ausgesetzt. „Bei einem Großteil wissen wir jedoch nicht, wo sie sich gerade aufhalten“, sagte Trimmer.
Spürhunde entdeckten 450.000 Euro Bargeld
Insgesamt pfändete die Staatsanwaltschaft 269 Bankkonten und sicherte 31 Immobilien. Bei den Razzien fanden sie mithilfe von Banknotenspürhunden 450.000 Euro Bargeld. Dazu trugen die Ermittler Berge von Akten aus den Häusern. Kurz vor der Pressekonferenz, sagte Polizeidirektor Olaf Sacherer, habe er noch „einen LKW angefordert, um all das Material abzutransportieren“.
Die durchsuchten Wohn- und Geschäftsräume liegen in Aachen, Bergheim, Bergisch-Gladbach, Düren, Düsseldorf, Rechen, Heimbach, Kerpen, Köln, Kreuzau, Pulheim, Ratingen, Roetgen, Siegburg und Solingen, darunter auch zwei Burgen in der Eifel. Bei einigen Wohnungen traf die Polizei keine Personen an – es handelte sich offenbar um „Scheinwohnsitze“.