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Streit um FortbildungenSind Vertretungslehrer Pädagogen zweiter Klasse?

Lesezeit 2 Minuten
Eine Englisch-Lehrerin schreibt Unterrichtsinhalte an die Tafel.

Vertretungslehrerinnen und Vertretungslehrer sind für den Schulbetrieb in Nordrhein-Westfalen unentbehrlich.

Ohne Vertretungslehrer würde die Unterrichtsversorgung in NRW zusammenbrechen. Kümmert sich die schwarz-grüne Landesregierung zu wenig um die wichtige Spezies?

In NRW gibt es etwa 200.000 Lehrerinnen und Lehrer – rund zehn Prozent von ihnen sind nach Angaben des Statistischen Landesamts Vertretungskräfte. Die meisten sind nur befristet angestellt. Sie vertreten Lehrerinnen, die in Mutterschutz sind, oder schließen Lücken, die durch Krankheitsfälle oder durch den Trend zur Teilzeitarbeit entstehen. Für die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs sind die Vertretungslehrer unerlässlich. Aber Schulministerin Dorothee Feller (CDU) lehnt es ab, ihnen die Teilnahme an landesweiten Fortbildungsangeboten zu ermöglichen. Kümmert sich das Land zu wenig um das befristet angestellte Fachpersonal?

Die FDP im Landtag hatte bei der Landesregierung angefragt, welche Fortbildungsangebote es für befristet angestellte Lehrkräfte es in NRW gibt. Die Antwort, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, löste bei der liberalen Schulexpertin Franziska Müller-Rech Ernüchterung aus. Feller legte dar, dass die Gruppe der Vertretungslehrer zu heterogen sei, um einheitliche Weiterbildungskurse anzubieten. Die Schulen selbst müssten sich um sie kümmern: „Dort ist der Ort für die Planung und Veranlassung jeweils erforderlicher Unterstützungsmaßnahmen“, erklärte Schulministerin Feller.

„Zufällige Fortbildungspraxis“

Die FDP kritisiert, dass Feller die Vertretungslehrer nicht ausreichend wertschätze und unterstütze. Die Verlagerung der Verantwortung auf die Schulen schaffte eine uneinheitliche und oft zufällige Fortbildungspraxis. „Die Antwort macht deutlich, dass Vertretungslehrkräfte zwar als Notlösung akzeptiert, jedoch nicht als integraler Bestandteil des Schulsystems wertgeschätzt werden“, sagte Müller-Rech unserer Zeitung. Das müsse sich ändern: „Vertretungslehrkräfte sind keine Lehrer zweiter Klasse.“

Dorothee Feller (CDU), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, spricht im Plenum des Landtags während einer Aktuellen Stunde zur Schulpolitik.

Dorothee Feller (CDU), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, sieht die Schulen selbst in der Pflicht, Vertretungskräfte weiterzubilden.

Angesichts des Lehrkräftemangels sei „Flickschusterei“, keine Lösung. „Wir fordern ein umfassendes Fortbildungsprogramm, das den Einstieg in den Beruf erleichtert, die Qualität des Unterrichts sichert und diesen Lehrkräften Perspektiven bietet“, so die Schulexpertin. Nur so können eine „attraktive Bildungslandschaft“ entstehen, die Lehrern und Schülern gerecht werde.

Auch die Bildungsgewerkschaft GEW verweist auf den hohen Stellenwert der Interims-Pädagogen: „Vertretungslehrkräfte sind, gerade mit Blick auf den Lehrkräftemangel, zu einer tragenden Säule im schulischen Alltag geworden“, sagte GEW-Landeschefin Ayla Çelik unserer Zeitung. „Sie halten den Schulalltag am Laufen und entlasten das Stammpersonal enorm.“ Allen, die über grundständige Lehramtsausbildungen verfügten, sollte eine unbefristete Stelle angeboten werden: „Wer an Schulen tagtäglich Bildung sicherstellt, braucht eine langfristige Perspektive – ob als Lehrkraft oder pädagogische Fachkraft.“