Derzeit macht eine „Paracetamol-Challenge“ von sich reden. Die Apothekerkammer Nordrhein warnt vor irreparablen Leberschäden, die tödlich enden können.
Tiktok-TrendApothekerkammer warnt vor „Paracetamol-Challenge“
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In der therapeutischen Dosis unbedenklich, kann Paracetamol bei starker Überdosierung zum Tod führen.
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Was derzeit über Tiktok-Kanäle in deutsche Jugendzimmer dringen soll, bereitet Apothekern in NRW große Sorgen. Die sogenannte „Paracetamol-Challenge“ soll insbesondere junge Menschen dazu motivieren, eine exzessive Menge des Schmerzmittels einzunehmen. Wer auf diese Weise nach Anerkennung innerhalb der Community buhlt, begebe sich aber in Lebensgefahr: Die Apothekerkammer Nordrhein warnt vor irreparablen Leberschäden, die tödlich enden können.
„Bei einer Überdosierung droht die Überlastung des Systems. Der Körper kann die chemischen Inhaltsstoffe nicht mehr verstoffwechseln. Ein Gift entsteht, das die Leberzellen angreift“, sagt Stefan Derix, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Nordrhein, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch. „Diese können aber auch zeitlich versetzt, also bis zu 48 Stunden nach der Einnahme auftreten, und im schlimmsten Fall mit dem Tod enden“, sagt Derix. Er fordert deshalb Eltern und Lehrer dazu auf, junge Menschen vor den tödlichen Folgen solcher Mutproben zu warnen.
Paracetamol wirkt nicht euphorisierend oder stimulierend
Im Gegensatz zu anderen missbräuchlich eingesetzten Medikamenten verursacht Paracetamol laut Derix keinerlei euphorisierende oder stimulierende Reize. Insofern ließen sich Challenges damit umso schlechter nachvollziehen. Derix beobachtet aber den allgemeinen Trend der Körperoptimierung. Und hier spielten auch Schmerzmittel eine größere Rolle: „Gerade unter jungen Menschen beobachten wir vermehrt, dass sie sich stärker und schmerzunempfindlicher machen wollen“, so Derix.
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Stefan Derix von der Apothekerkammer Nordrhein sagt: „Gerade unter jungen Menschen beobachten wir vermehrt, dass sie sich stärker und schmerzunempfindlicher machen wollen.“
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Die einen würden vor dem Fußballspiel noch Diclofenac einwerfen, um trotz schmerzender Knie den Zweikampf zu bestehen, die anderen versuchten, mittels Durchfallmittel Elotrans alkoholische Karnevalsexzesse besser wegzustecken. Hinzu komme der allgemeine Reiz einer Challenge, bei der es darum gehe, dass am Ende einer sagen könne: Ich kann mehr als du.
Eigentlich ist Paracetamol verschreibungspflichtig
Wegen der leberschädigenden Wirkung in der Überdosierung handelt es sich bei Paracetamol eigentlich um einen verschreibungspflichtigen Wirkstoff. Lediglich in kleinen Packungen von bis zu 20 Tabletten ist das Präparat frei verkäuflich. Von einer Verschärfung dieser Regelung nach dem Bekanntwerden der Tiktok-Challenges hält Derix nichts. „Paracetamol ist eine vernünftige therapeutische Alternative zu anderen Mitteln wie beispielsweise Ibuprofen oder Aspirin. Patienten diese Therapie-Option wegzunehmen wegen einigen wenigen, die Missbrauch betreiben, halte ich für nicht angemessen.“
Dennoch machten Social-Media-Trends klar, dass auch frei verkäufliche Arzneimittel eine besondere Ware seien, die in Deutschland aus Gründen ausschließlich in den Apotheken gehandelt werden dürften. „Wir können den Missbrauch nicht verhindern, aber wir suchen das Gespräch mit unseren Kunden, wir fragen nach, wir klären auf. Das sehe ich auch als unsere Aufgabe.“