Klaus Esser wird vorgeworfen, bei Neumitgliedern getrickst zu haben. Das könnte Folgen für die Bundestagswahl haben.
Vorwürfe gegen NRW-AfDLandeswahlleiterin schaltet sich ein
Die verwinkelten Vorgänge um den Kreisverband des AfD-Abgeordneten Klaus Esser rufen die Landeswahlleiterin auf den Plan: Sie hat bei der AfD um schriftliche Auskunft geben, was im Kreisverband Düren losgewesen ist. Esser wird vorgeworfen, dort bei Neumitgliedern getrickst zu haben. Das könnte – so fürchten es manche in der AfD - Folgen für die Bundestagswahl haben. Der Landesvorstand der AfD winkt ab. Esser gibt an, selbst getäuscht worden zu sein und die Vorgänge vollständig belegen zu können.
Die Causa Esser spielt sich inzwischen auf vielen Ebenen ab. Die „Zeit“ dröselte vergangene Woche zahlreiche neue Vorwürfe auf, die Esser bestreitet. Er geht nach eigenen Angaben medienrechtlich gegen die „Zeit“ vor. Ein parteiinternes Schiedsgericht muss sich derweil mit zwei bereits länger bekannten Themen beschäftigen.
Im aktuell laufenden Parteiausschlussverfahren gegen Esser geht es nämlich um die mutmaßliche Fälschung von Hochschulabschlüssen und vor allem die besagten Unstimmigkeiten bei neuen AfD-Mitgliedern. Zu denen heißt es in dem Antrag auf Essers Parteiausschluss, er habe als Dürener Kreischef in mindestens zwölf Fällen ein Formular unterschrieben und beim Landesvorstand eingereicht, „obwohl er kein Aufnahmegespräch und keine Adressverifizierung durchgeführt hatte.“
Esser betont, er habe Antrag zum Parteiausschlussverfahren noch nicht bekommen
Weiter heißt es in dem Antrag: „In allen Fällen war in dem Aufnahmeantrag und in dem vom Antragsgegner unterschriebenen Protokoll ein falscher Wohnsitz in der Stadt Heimbach (Kreis Düren) angegeben. Tatsächlich hatten die Bewerber ihren gemeldeten Wohnsitz nicht im Kreis Düren.“ Der Landesvorstand sei „hierüber getäuscht worden.“
Esser selbst betonte gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass er den Antrag zum Parteiausschlussverfahren selbst noch nicht bekommen habe. Losgelöst von dem Papier bestreite er aber die Vorwürfe, er werde sie vollständig ausräumen.
Über Essers Ausschluss muss ein parteiinternes Schiedsgericht befinden, das kann dauern. Die AfD in NRW hat aber, was die umstrittenen Neumitglieder angeht, nach eigenen Angaben bereits aufgeräumt: „Einige der Betroffenen haben unsere Partei schon verlassen, bei den übrigen hat eine abschließende Klärung stattgefunden“, so ein Sprecher.
Worst-Case: Die Landesliste könnte nachträglich gekippt werden
Aus Sicht von Landeschef Martin Vincentz ist die Sache damit erledigt. Vincentz‘ Widersacher – und von denen gibt es in der AfD einige – befeuern aber die Deutung, dass sich die Geschassten nachträglich wehren könnten. Das Worst Case-Szenario, so die Vincentz-Gegner: Die Landesliste der AfD für die Bundestagswahl könnte nachträglich gekippt werden, womit man die Partei am 23. Februar in NRW nicht wählen könnte.
Nachdem diese Theorie über ein Internetportal ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden hatte, wurde auch die Landeswahlleiterin aufmerksam. Oder auf den Artikel aufmerksam gemacht, wie mancher bei der AfD argwöhnt. Inzwischen ist der Bericht nicht mehr online zu finden, die NRW-AfD war nach eigenen Angaben medienrechtlich gegen den Artikel vorgegangen.
Es wäre zumindest nicht das erste Mal, dass Esser bei einer offiziellen Stelle von einem Widersacher angeschwärzt wird. Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich hatte – so teilte er es selbst bei „X“ mit – Esser bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Da ging es um die mutmaßlich gefälschten Abschlüsse. Die Staatsanwaltschaft hat laut einer Sprecherin noch nicht entschieden, ob sie ermittelt.
So wie die Staatsanwaltschaft das aber zumindest prüft, fragte auch die Landeswahlleiterin bei der AfD an. Mit Frist bis zum 15. November. Zum konkreten Fall sagt die Wahlleiterin nichts. Allgemein heißt es aus dem zuständigen Innenministerium: Wenn es „Hinweise auf Unregelmäßigkeiten“ gebe, „geht die Landeswahlleiterin diesen Hinweisen nach und holt hierzu ggf. im Vorfeld Stellungnahmen der betroffenen Parteien ein.“
Denn: „Eine frühzeitige Aufklärung etwaiger Probleme sowie die entsprechende rechtliche Beratung dient dabei auch der Sicherheit der Parteien und soll es diesen ermöglichen, etwaige Mängel zu beseitigen und einen ordnungsgemäßen Wahlvorschlag einzureichen.“
Die AfD in NRW zeigt sich selbstsicher: Das Schreiben der Landeswahlleiterin werde natürlich fristgerecht beantwortet – und man könne sie völlig beruhigen: Alle Vorwürfe würden ausgeräumt und die AfD in NRW werde eine „rechtssichere Liste mit starken Kandidaten“ aufstellen, so ein Parteisprecher zum „Kölner Stadt-Anzeiger“.