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Wie es ist, Schülerlotse zu sein„Die größte Herausforderung sind die Elterntaxis“

Lesezeit 4 Minuten
Schülerlotse Paul Grastat trägt ein gelbe Warnweste und lacht in die Kamera.

Schülerlotse Paul Grastat sorgt vor seinem Unterricht für mehr Sicherheit im Straßenverkehr.

Paul Grastat gewann den Wettbewerb für Schülerlotsen der Landesverkehrswacht NRW. In unserer Reihe „Wie es ist“ erzählt der 17-Jährige von seinem Ehrenamt.

„Wir Lotsen sind dafür da, schwierige Situationen für die jüngeren Kinder im Straßenverkehr gefahrloser zu gestalten. Es ist schön, der Schulgemeinschaft zu helfen. Das mache ich seit vier Jahren.

Wenn ich Lotsendienst habe, muss ich früher an der Schule sein. Ich fange dann gegen kurz nach halb acht Uhr an und hole als Erstes meine Verkehrshelferweste und die Kelle aus dem Lehrerzimmer und gehe zu unserem Lotsenpunkt. Mein Gymnasium in Solingen hat nur einen, an andere Schule gibt es mehrere, das hängt von der Verkehrssituation ab.

Bei uns werden die Autofahrer schon am Straßeneingang durch ein blaues Schild auf die Verkehrshelfer aufmerksam gemacht. Und die Kinder kommen von der Bushaltestelle, von der Korkenziehertrasse, das ist ein Geh- und Radweg bei uns, und vom Parkplatz gegenüber der Schule. Sie sammeln sich an unserer Lotsenstelle.

Das ist immer ein schöner Augenblick, man kommt mit Leuten ins Gespräch und lernt neue Gesichter kennen, quatscht kurz. Das wird auch von den älteren Schülern gut angenommen. Manchmal sind die Lotsen jünger als die Gelotsten, aber wenn jemand aus den unteren Klassen den Älteren helfen kann, ist das toll fürs Selbstwertgefühl. Das stärkt die ganze Schulgemeinschaft.

Wenn sich einige Schüler auf dem Bürgersteig versammelt haben, greife ich mit meiner Kelle in den Verkehr ein und stoppe ihn.

Herausforderung für Schülerlotsen: Elterntaxis in der Halteverbotszone

Die Autofahrer reagieren ganz unterschiedlich. Die meisten finden das toll, was wir machen. Wir kriegen auch sehr viel gutes Feedback von der Stadt oder beim Lotsenwettbewerb der Landesverkehrswacht. Ich fühle mich wertgeschätzt. Aber da sind natürlich auch diejenigen Autofahrer, die schnell zur Arbeit müssen und es eilig haben, weil sie zu spät aufgestanden sind.

Die größte Herausforderung sind die Elterntaxis. An unserer Lotsenstelle markieren Zickzack-Linien das absolute Halteverbot. Wenn Eltern da ihre Kinder herauslassen, nehmen sie uns die Sicht. Im Prinzip liegt der Sinn in uns Lotsen ja auch darin, die Elterntaxis überflüssig zu machen. Wir lotsen zum einen zur Sicherheit für die Jüngsten und für das Wohlgefühl der Eltern.

Wir versuchen, das dann eher über die Kinder zu lösen, nicht über die Erwachsenen, die sind meist das größere Problem. Wir helfen den Kindern ja auch, selbst auf den Verkehr zu achten. Da ist es besser, wenn sie in den Parallelstraßen oder am Parkplatz abgesetzt werden. Wir Lotsen geben ihnen trotzdem ein sicheres Gefühl.

An unserer Schule gibt es gerade eine Baustelle. Das Hauptgebäude wird saniert. Deshalb fahren zurzeit viele Lkw durch die Straße, da wird es manchmal ein bisschen unübersichtlicher, aber auch das kriegen wir hin.

Das ist auch der Grund, wieso wir Älteren an einem anderen Standort unterrichtet werden, einen Kilometer entfernt. Während der Bauarbeiten muss ich nach dem Lotsen zu meinen Räumen pendeln. Deshalb komme ich 15 bis 20 Minuten zu spät zum Unterricht. Die Lehrer wissen Bescheid, das ist kein Problem. Wir haben 50 Lotsen an der Schule, da trifft es mich eh nur einmal die Woche.

An meiner Schule bieten Polizisten die Ausbildung ab der achten Klasse an, meine Mutter ist eine von ihnen. Ich hatte mich direkt angemeldet. Zunächst lernt man einiges zur Theorie, zum Beispiel die grundlegenden Verkersregeln. Aber auch, wie man Bremsweg von Autos berechnet. Wir haben einen langen Rollteppich ausgelegt, an dem man abschätzen musste, wie lange ein Auto mit einer bestimmten Geschwindigkeit braucht um stehenzubleiben.

Alle waren sehr überrascht, wie lang dieser Weg doch ist. Man muss erstmal ein Gefühl dafür bekommen, wie man in den Verkehr eingreift, was überhaupt möglich ist, und wie man die Aufmerksamkeit von Autofahrern gewinnen kann. Am Ende des Tages gibt es noch praktische Übungen. Ich habe jetzt meinen Führerschein gemacht, da hat mir die Erfahrung mit den Verkehrszeichen und der Berechnung des Anhalteweges sehr geholfen.“

Haben Sie auch etwas absolut Außergewöhnliches zu erzählen? Ein Hobby, das sonst keiner hat? Etwas, auf das Sie jeden Tag angesprochen werden oder etwas, das Ihr Leben auf den Kopf gestellt hat? Dann schreiben Sie uns mit dem Betreff „Wie es ist“ eine E-Mail an leserforum@kstamedien.de.