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MisstrauensanträgeShowdown in Pariser Nationalversammlung – Kampf gegen Renten-Durchsetzung geht weiter

Lesezeit 3 Minuten
Elisabeth Borne spricht zu den Gesetzgebern in der Nationalversammlung.

Elisabeth Borne, Premierministerin von Frankreich

Die französische Premierministerin Élisabeth Borne überstand gestern zwei Misstrauensanträge – die politische Krise, ausgelöst durch das Durchdrücken der Rentenreform, bleibt.

Élisabeth Borne war auch am gestrigen Montagabend noch französische Premierministerin. Bis zum Nachmittag schwebte Unsicherheit über ihrem unmittelbaren politischen Schicksal, denn die Nationalversammlung verhandelte über zwei Misstrauensanträge gegen die 61-Jährige.

Eingegangen waren sie, nachdem Borne am vergangenen Donnerstag in letzter Minute darauf verzichtet hatte, die Abgeordneten über einen Endentwurf der umstrittenen Rentenreform der Regierung abstimmen zu lassen.

Macrons Vorgehen entzürnt Bevölkerung und Opposition

Stattdessen verordnete sie das Gesetz mit Hilfe des Verfassungsartikels „49.3“. Zu unsicher erschien eine Verabschiedung durch die Parlamentarier, da ein Teil der 61 Republikaner unentschieden oder gegen die Hauptmaßnahme der Reform, die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre, waren.

Aus Präsident Emmanuel Macrons Umfeld hieß es, ihm seien die „finanziellen und wirtschaftlichen Risiken“ im Falle des Scheiterns seiner Reform, die die Finanzierung der Alterssicherungssysteme garantieren und ein wachsendes Defizit verhindern solle, zu groß erschienen. Doch dieses Vorgehen erzürnte nicht nur die französische Bevölkerung und die Gewerkschaften, sondern auch weite Teile der Opposition.

Dennoch überstand die Premierministerin gestern beide Misstrauensanträge, da die für ihre Annahme notwendige Mehrheit von 287 Parlamentariern nicht zustande kam. Damit gilt die Rentenreform als umgesetzt. Im gegenteiligen Fall hätte Borne mitsamt ihrer Regierung zurücktreten müssen. Möglicherweise hätte Macron sogar Neuwahlen ausgerufen.

Misstrauensantrag der RN-Franktion scheitert

So weit kommt es nicht. Doch der Zusammenschluss der sonst weit auseinanderliegenden Oppositionsparteien, um der Regierung das Misstrauen auszusprechen, ist ein Warnsignal. Auch fehlten lediglich neun Stimmen. Denn einer der beiden Anträge, eingebracht von der kleinsten Fraktion Liot, die sich aus 20 liberalen, unabhängigen sowie Abgeordneten aus Korsika und mehreren Übersee-Départements zusammensetzt, erreichte insgesamt 278 Stimmen. Diese stammten außer von der Liot-Gruppe selbst vom gesamten links-grünen Bündnis Nupes (Neue ökologische und soziale Volks-Union), Teilen der konservativen Republikaner sowie vom rechtsextremen Rassemblement National (RN).

Die RN-Fraktion hatte ebenfalls einen eigenen Misstrauensantrag eingebracht, dem aber nur wenige andere Abgeordnete folgten. Seit den Parlamentswahlen im Juni vergangenen Jahres ist sie mit 88 Abgeordneten in der Nationalversammlung vertreten. Macron und seine verbündeten Parteien verloren damals die absolute Mehrheit, was alle Gesetzesprojekte zu Zitterpartien werden lässt – die Rentenreform vorneweg. Alle Beobachter sind sich einig, dass ihr autoritäres Durchsetzen zu einer handfesten politischen Krise geführt hat.

Bei den Kundgebungen der von den Gewerkschaften organisierten Protest- und Streiktagen schlossen sich teilweise weit mehr als eine Million Menschen landesweit an. Verliefen die Proteste überwiegend friedlich, so spitzte sich die Lage seit Donnerstag zu. Mülleimer brannten, Wahlkreisbüros wurden tätlich angegriffen, manche Abgeordnete erhielten sogar Polizeischutz.

70 Prozent der Französinnen und Franzosen unzufrieden mit Macron

Laurent Berger, Chef der großen Gewerkschaft CFDT, sagte, die Anwendung des Verfassungsartikels „49.3“ verstärke die Verbitterung und damit die Mobilisierung vieler Menschen. „Wir sind von dem Eindruck, missachtet zu werden, übergegangen zu einem Gefühl der Wut“, warnte Berger. Am Donnerstag findet ein neuerlicher Aktionstag statt.

In Meinungsumfragen sagen 70 Prozent der Französinnen und Franzosen, sie seien unzufrieden mit Macron, fast so viele sind es auch mit Borne. Beobachter vermuten, dass der Präsident Macron demnächst seine Regierung umbilden und die Regierungschefin austauschen könnte, die die Reform an vorderster Front verteidigt hatte. Mittel- und langfristig erscheint Bornes Platz wackelig.(RND)