Die Bundesregierung will Menschen im Rentenalter zum Weiterarbeiten bringen. Doch die neuen Pläne könnten zur Erhöhung der Beiträge führen.
Rentenbeitrag könnte steigenWie die neuen Rentenpläne der Regierung die Beitragszahler belasten
Der Fach- und Arbeitskräftemangel stellt die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Wegen des demografischen Wandels verliert der Arbeitsmarkt bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte, wie das Forschungsinstitut IAB der Bundesarbeitsagentur errechnet hat.
Die Bundesregierung will dem begegnen, indem sie auch das Potenzial im Inland hebt. Dabei setzt sie unter anderem auf Menschen im Renteneintrittsalter, die sie mit neuen Maßnahmen zum Weiterarbeiten bringen will. Doch nun schlagen die Rentenversicherung und der Sozialverband VdK Alarm und warnen vor steigenden Sozialbeiträgen.
Modelle: Mehr Netto erhalten und Rentenbezüge ansparen
Darum geht es: Im Ampelwirtschaftspaket sind zwei neue Anreizmodelle vorgesehen. Im ersten Modell sollen Beschäftigte, die trotz Erreichen des Renteneintrittsalters weiterarbeiten, mehr Netto vom Brutto erhalten. Zusätzlich zur monatlichen Rente und dem Gehalt sollen sie die Arbeitgeberbeträge zur Arbeitslosenversicherung und zur Rentenversicherung ausbezahlt bekommen. Das wären 10,6 Prozent des Bruttogehaltes.
Im zweiten Modell sollen die älteren Beschäftigten eine „Rentenaufschubprämie“ erhalten. Dafür müssen sie trotz Weiterarbeit auf monatliche Rentenzahlungen verzichten. Sobald sie dann tatsächlich in den Ruhestand gehen, bekommen sie die angesparten Rentenbezüge in einer Zahlung und den seitens der Rentenversicherung eingesparten Beitrag zur Krankenversicherung. Diese Prämie soll abgabenfrei sein.
Reserve der Rentenversicherung könnte schneller abgebaut werden
Noch sind die Details unklar, aber die Rentenversicherung hat bereits errechnet, wie viele Einnahmen ihr infolge der Einführung des ersten Modells fehlen dürften. „Würde der Arbeitgeberbeitrag direkt an die beschäftigten Rentnerinnen oder Rentner ausgezahlt, entstehen der Rentenversicherung Mindereinnahmen“, sagt eine Sprecherin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Diese liegen auf Basis der Daten von 2022 bei rund einer Milliarde Euro pro Jahr.“ Das hätte Folgen, wie die Sprecherin beschreibt. So würde die Reserve der Rentenversicherung schneller abgebaut und der Beitragssatz früher und möglicherweise auch stärker als bislang vorgesehen angehoben, hieß es weiter.
Höhere Belastung für Menschen mit niedrigen Löhnen
Die VdK-Chefin Verena Bentele sieht das mit Sorge. „Das ist gerade für Menschen mit niedrigen Löhnen eine weitere Belastung“, sagt sie dem RND. Und andere Vorhaben der Ampel belasten ebenfalls die Beitragszahler, etwa das zweite Rentenpaket zur Sicherung des Rentenniveaus.
Der Rentenbeitrag liegt derzeit bei 18,6 Prozent, er wird jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und -nehmer bezahlt. Inwiefern er schlussendlich steigen wird, lässt sich schwer beziffern, da die Gesetze noch nicht beschlossen sind. Allein durch das zweite Rentenpaket werden die Beiträge aber den Berechnungen der Regierung zufolge ab dem Jahr 2028 bei 20 Prozent liegen. Zwar will die Bundesregierung mit einem Kapitalstock die gesetzliche Rente stärken, der Effekt dürfte aber nicht sehr groß sein. Möglich ist zudem, dass die Bundesregierung im Laufe der Jahre die Lücken mit Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt ausgleicht, die werden aber auch vom Steuerzahler finanziert.
Sozialverband sieht bei Regierung falsche Werkzeuge für Fachkräftemangel
Aus Sicht von Verena Bentele vom VdK setzt die Regierung im Wirtschaftspaket ohnehin auf die falschen Werkzeuge, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Es fehlten Maßnahmen für die Menschen, „die bereits jetzt nicht bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können“, sagt sie und nennt unter anderem „altersgerechte Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeiten, betriebliche Gesundheitsförderung, schnellere Zugänge zu Rehabilitation und viel mehr Angebote für Umschulungen, Weiterbildungen, Qualifizierungen“. Nur so könne man Menschen wie Kassierer, Dachdeckerinnen oder Krankenpfleger im Arbeitsmarkt halten.
Tatsächlich sind vergangenes Jahr der Rentenversicherung zufolge rund 244.000 Menschen mit Abschlägen in den vorzeitigen Ruhestand gegangen. Sie nahmen Rentenkürzungen in Kauf, um den Arbeitsmarkt verlassen zu können.