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Explosion in Sankt PetersburgRussland jagt junge Frau nach Tod des bekannten Militär-Bloggers

Lesezeit 4 Minuten
St. Petersburg: Russische Ermittler und Polizisten stehen am Tatort nach einer Explosion in einem Café. Der russische Militärblogger Wladlen Tataskij ist durch die Detonation getötet worden.

St. Petersburg: Russische Ermittler und Polizisten stehen am Tatort nach einer Explosion in einem Café. Der russische Militärblogger Wladlen Tataskij ist durch die Detonation getötet worden.

Nach dem tödlichen Anschlag auf den Militärblogger Wladlen Tatarskij steht eine junge Frau unter Verdacht. Wer ist die 26-jährige Darja Trepowa?

Die Explosion, die am Sonntag in St. Petersburg Militärblogger Maxim Fomin alias Wladlen Tatarskij tötete und Dutzende Menschen verletzte, sendet auch einen Tag später noch Schockwellen durch die patriotischen Kreise Russlands. Wer ist für das Attentat verantwortlich? In sozialen Netzwerken läuft aktuell eine Schlacht um die Deutungshoheit in dieser Frage. In Russland schreibt man die Tat derzeit wahlweise Hinterleuten in der Ukraine oder „radikalen Gruppen“ zu. Zumindest eine Täterin wollen die russischen Sicherheitskreise bereits ausgemacht haben.

Bei der Suche nach den Verantwortlichen für den tödlichen Anschlag auf Tatarskij verdächtigen die Strafverfolgungsbehörden besonders eine Frau, die dem Blogger eine Gipsstatue als Geschenk überreicht hatte. Kurz darauf starb Tatarskij bei einer Explosion im Café Streetfood-Bar No. 1 am Universitetskaja-Ufer auf der Wassilewskij-Insel. Das Café gehört dem Gründer von der Söldnergruppe Wagner, Jewgenij Prigoschin. In letzter Zeit wurden dort Veranstaltungen des Diskussionsclubs Cyberfront Z abgehalten. Das Z ist das Kriegspropagandasymbol des Kremls.

Ein explosives Geschenk für Wladlen Tatarskij

Die Explosion ereignete sich wenige Minuten nachdem die Besucherin, die sich laut Zeugenberichten als Nastja vorstellte, Tatarskij das Geschenk überreicht hatte. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Figur einen funkgesteuerten improvisierten Sprengsatz mit 100 bis 200 Gramm TNT enthielt. Die blonde Frau soll das Café vor der Explosion verlassen haben. Der gebildete Untersuchungsausschuss eröffnete ein Strafverfahren wegen Mordes.

Schon bald sickerte durch, dass die Strafverfolgungsbehörden die 1997 geborene Petersburgerin Darja Trepowa und ihren Ehemann Dmitrij Rylow im Mordfall Tatarskij suchen würden.

Hausdurchsuchung in Puschkin

Das Sankt Petersburger Stadtportal Fontanka.ru veröffentlichte auf seinem Telegram-Kanal ein Foto von dem „patriotischen Abend“ in der Streetfood-Bar No. 1, auf dem Tatarskij (Kampfname: „Woenkor“, Abkürzung für „Kriegsberichterstatter“) und die Verdächtige zu sehen sind. Die Medien veröffentlichten auch die Aufnahme einer Überwachungskamera, die zeigt, wie eine Frau die Schachtel mit der Figur in das Café bringt.

Die Ermittler durchsuchten Wohnungen Trepowas und ihrer Verwandten. Dabei konzentrierten sie sich auf ein Haus in der General-Chasow-Straße in der zu Sankt Petersburg gehörenden Stadt Puschkin. Danach meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax, die Verdächtige sei festgenommen worden. Später wurde diese Aussage dementiert.

Verschiedenen Quellen wie Fontanka.ru und dem Telegram-Kanal Shot zufolge führten die Sicherheitskräfte Trepowas Mutter und Schwester zu Verhören ab. Nach Angaben der unabhängigen Journalistengruppe Astra sagte Trepowas Mutter, sie habe ihre Tochter am Sonntagnachmittag kurz vor der Explosion gesehen, aber nichts Merkwürdiges an ihrem Verhalten bemerkt.

Am Montagmittag veröffentlichte das russische Innenministerium auf Telegram ein Video, dass angeblich Darja Trepowa selbst in einem Verhör zeigen soll. Laut einer Übersetzung gesteht sie ein, die explosive Statue zum Tatort mitgebracht zu haben. Wer ihr den Gegenstand ausgehändigt hatte, wolle sie zu einem späteren Zeitpunkt erklären. Ob die Aufnahme tatsächlich Trepowa zeigt, lässt sich nicht verifizieren. Die Frau in dem Video zumindest hat deutlich kürzere Haare als die Verdächtige auf den Fotos vom Tatort. „Agentur. News“ meldete hingegen, dass das russische Innenministerium Trepowa zur Fahndung ausgeschrieben habe.

Festnahme auf einer Antikriegskundgebung im Februar

Wie die News-Chat-Seite Baza auf ihrem Telegram-Kanal berichtet, sei Darja Trepowa unter Sankt Petersburger Feministinnen und politischen Aktivistinnen als Dascha Tykowka bekannt. Zuvor habe sie als Verkäuferin in einem Geschäft für Vintage-Kleidung gearbeitet. Vor einiger Zeit habe sie ihren Wohnsitz von Sankt Petersburg nach Moskau verlegt, doch am Vorabend der Explosion sei sie in ihre Heimatstadt zurückgekehrt.

Nach Angaben des Menschenrechtsprojekts OVD-Info wurden Darja Trepowa und Dmitrij Rylow bei einer Antikriegskundgebung am 24. Februar 2022 von der Polizei festgenommen. Rylow ist Mitglied der St. Petersburger Sektion der Libertären Partei. Wie die Partei gegenüber dem soziologisch-politischen Portal Sota erklärte, befindet sich Trepowas Ehemann derzeit im Exil und hat nichts mit der Explosion zu tun. Die Partei bekräftigte außerdem, dass Trepowa in keiner Verbindung zu ihr stehe und sie den Anschlag auf Tatarskij aufs Schärfste verurteile.

Welche Theorien zur Explosion in St. Petersburg gibt es noch?

Der Kreml und das russische Außenministerium indes haben die Ukraine für die Tötung Tatarskijs verantwortlich gemacht. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von einem „Terroranschlag“ und vermutete „ukrainische Geheimdienste“ dahinter. Der Blogger habe sich mit seinen Aktivitäten rund um den Krieg in der Ukraine den Hass Kiews eingebracht, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa. Er habe bereits viele Drohungen aus der Ukraine erhalten. Ähnliches behauptete der nationalistische Ideologe Alexander Dugin, dessen Tochter Darja Dugina im vergangenen Jahr selbst bei einem Attentat ums Leben kam.