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Angeblich Söldner für Ukraine72-jähriger US-Bürger in russischer Gefangenschaft wohl stetig misshandelt

Lesezeit 3 Minuten
US-Bürger Stephen Hubbard sitzt mit einem beigen Pullover, geschorenen Haaren und ausgezehrtem Gesichtsausdruck auf der Anklagebank in einem Moskauer Gericht.

US-Bürger Stephen Hubbard bei seiner Urteilsverkündung im Moskauer Gericht Anfang Oktober.

Der US-Bürger wurde Anfang Oktober wegen Söldnertums für die Ukraine zu sechs Jahren Haft in Russland verurteilt.

Wegen des Vorwurfs, als Söldner für die Ukraine gekämpft zu haben, hat ein russisches Gericht einen 72-jährigen US-Bürger zu fast sieben Jahren Haft verurteilt. Richterin Alexandra Kowalewskaja verurteilte den von Medien als Stephen Hubbard identifizierten Mann am Montag, 7. Oktober, in Moskau zu sechs Jahren und zehn Monaten Gefängnis. Er wurde der „Teilnahme als Söldner an einem bewaffneten Konflikt“ für schuldig befunden.

Jetzt meldete sich ein Mitgefangener des US-Bürgers und gab an, dass Stephen Hubbard in russischer Haftig stetig misshandelt wurde. Sie schlugen ihn die ganze Zeit wie jeden von uns“, sagte der Soldat.

Mitgefangener inzwischen freigekommen: Gefängnisaufseher hätten Hubbard hungern lassen

Die russischen Gefängnisaufseher hätten den 72-jährigen US-Bürger ständig geschlagen, ihn hungern lassen und ihn mit Elektroschocks und dem erzwungenen Nachstellen sexueller Handlungen gequält, sagte der mittlerweile freigekommene ukrainische Soldat Igor Tschytschko der Nachrichtenagentur AFP.

Außerdem hätten die Aufseher in der Haftanstalt Hunde auf Hubbard gehetzt, und ihn „den Gang entlang kriechen lassen“, sagte Tschytschko. Die Gefängnisbeamten hätten den Insassen trotz seines relativ hohen Alters misshandelt, weil er aus den USA stamme. Für die Aufseher sei „Amerika die Inkarnation des Bösen“, sagte Tschytschko. „Sie sind überzeugt, dass Amerikaner vernichtet werden müssen.“

Hubbards Fall war erst mit Beginn des Prozesses Ende September bekannt geworden. Laut Staatsanwaltschaft war der Angeklagte einem ukrainischen Verteidigungsbataillon beigetreten und hatte dafür „mindestens 1000 Dollar pro Monat“ erhalten. Er wurde demnach mit einer Uniform und Waffen ausgestattet und habe „an dem bewaffneten Konflikt“ in der Ukraine teilgenommen. Am 2. April 2022 sei er schließlich gefangen genommen worden.

Wo US-Bürger Stephen Hubbard festgehalten wurde, ist unklar

Nicht mitgeteilt wurde, wo Hubbard gefangengenommen und wo er in den vergangenen gut zwei Jahren festgehalten wurde. Russischen Nachrichtenagenturen zufolge hatte der 72-Jährige sich schuldig bekannt. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bei der Urteilsverkündung konnte der bärtige Hubbard sich nur mit Mühe aufrecht halten. In der Woche davor hatte er nur langsam und schleppend gehen können.

Die staatlichen russischen Nachrichtenagenturen RIA Nowosti und Tass verwiesen im September auf ein Youtube-Video vom Mai 2022, in dem ein Mann seinen Namen mit Stephen James Hubbard angibt und sagt, dass er sich seit 2014 in der Stadt Isjum in der ostukrainischen Region Charkiw aufhalte. Geboren wurde er demnach in Big Rapids in Michigan.

In Interviews aus dem September äußerten jedoch laut Nachrichtenagentur Reuters Hubbards Schwester Patricia Hubbard Fox und ein weiterer Verwandter Zweifel an Hubbards Schuldeingeständnis. Demnach sagten sie gegenüber Reuters, dass Hubbard eher pro-russische Ansichten habe und dass es unwahrscheinlich sei, dass er in seinem hohen Alter von 72 Jahren Waffen führen würde.

Russland nimmt wiederholt US-Bürger fest und wirft ihnen Diebstahl, Streit oder Spionage vor

Kurz nach dem Beginn seiner Offensive in der Ukraine hatte Russland im Frühling 2022 Teile der Region Charkiw besetzt, darunter Isjum. Im September 2022 eroberte die ukrainische Armee die Stadt zurück.

Russland hat in den vergangenen Jahren wiederholt US-Bürger festgenommen. Die Vorwürfe gegen sie reichten von Diebstahl und Streit im familiären Umfeld bis hin zu Spionage und Kritik an der russischen Armee. Die US-Russin Ksenia Karelina wurde im August zu zwölf Jahren Haft verurteilt, weil sie einer ukrainischen Organisation etwa 50 Dollar (45 Euro) gespendet hatte.

Die US-Regierung wirft Russland vor, westliche Staatsbürger zu inhaftieren, um sie als Faustpfand zum Freipressen russischer Häftlinge aus westlichen Ländern missbrauchen.

Am 1. August war der größte Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen seit dem Kalten Krieg zustande gekommen. Dabei kamen unter anderem der US-Journalist Evan Gershkovich und der Ex-US-Soldat Paul Whelan aus russischer Haft frei, im Gegenzug durften russische Häftlinge wie der in Deutschland als „Tiergarten-Mörder“ verurteilte russische Geheimdienstagent Vadim Krasikow nach Russland zurückkehren. (mit afp)