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Kommentar

Schweigegeldprozess in New York
Selbstsabotage könnte Trump mehr schaden als Straftatnachweis

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Lesezeit 3 Minuten
Donald Trump, ehemaliger US-Präsident, spricht in seinem Anwesen Mar-a-Lago. (Archiv)

Donald Trump, ehemaliger US-Präsident, spricht in seinem Anwesen Mar-a-Lago. (Archiv)

Der historische Prozess gegen Ex-Präsident Trump beginnt. Die viel wichtigeren Verfahren wie die Wahlmanipulations-Anklage wurden verschoben.

Seit Tagen wirft das Spektakel seinen Schatten voraus. „Am Montag bricht die Hölle los“, peitscht Donald Trump seine Anhänger im Netz auf und pöbelt abwechselnd über den angeblich „korrupten“ Richter und die „widerlichen“ Zeugen. Tatsächlich steht ein historisches Ereignis bevor: Nie zuvor hat es einen Strafprozess gegen einen Ex-Präsidenten gegeben.

Die Szenen rund um das schmuddelige Justizgebäude im Süden von Manhattan werden also in die Geschichtsbücher eingehen - aber wohl kaum als Sternstunde der amerikanischen Demokratie. Acht Jahre liegen die Vorfälle zurück, um die es geht. Alleine seit der Anklage sind zwölf Monate verstrichen. Nun wird kurz vor der Präsidentschaftswahl, bei der Trump erneut kandidiert, nicht etwa über die unzähligen Lügen seiner vorigen Amtszeit verhandelt. Auch geht es nicht um seinen Versuch, das Ergebnis der letzten Wahl zu manipulieren und schon gar nicht um den Sturm auf das Kapitol. Verantworten muss sich der 77-Jährige vielmehr wegen der Fehlbuchung einer Schweigegeldzahlung an eine Porno-Darstellerin im Vorfeld der vorletzten Wahl.

Prozess gegen Donald Trump: Urteil vor der Wahl im November unwahrscheinlich

Nur unverbesserliche Optimisten können behaupten, die Prozesseröffnung belege, dass die amerikanischen Institutionen selbst einen mächtigen Milliardär und Möchtegern-Diktator in seine Schranken weisen. Tatsächlich hat es Trump mit juristischen Winkelzügen, verbalen Einschüchterungen und medialen Verleumdungskampagnen geschafft, die wirklich wichtigen Verfahren gegen ihn politisch zu entschärfen und bis zum Sankt-Nimmerleinstag zu verzögern. Der Auftakt der Verhandlungen zu seiner Dokumentenaffäre ist bis heute nicht terminiert. Die Staatsanwältin in dem Wahlmanipulations-Prozess in Georgia scheint durch die Skandalisierung ihrer privaten Liebes-Affäre diskreditiert. Und den wichtigsten Putsch-Prozess hat Trump mit einer absurden Immunitätsklage in den Schlummerzustand versetzt.

Damit sind die Chancen hoch, dass vor der Wahl am 5. November alleine das Schweigegeld-Verfahren abgeschlossen wird. Das ist demokratietheoretisch unbefriedigend. Hinzu kommt: Der in den nächsten Wochen zu verhandelnde Fall ist inhaltlich der schwächste und juristisch der wackeligste. Für eine Verurteilung muss die Staatsanwaltschaft nämlich alle zwölf Geschworenen davon überzeugen, dass Trump seinerzeit die Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar an seine Ex-Affäre Stormy Daniels absichtlich falsch als „Anwaltskosten“ verbuchte, um damit einen Verstoß gegen Vorschriften zur Kampagnenfinanzierung zu kaschieren.

Ist Trump immun gegen Gerichtsverhandlungen?

Das klingt kompliziert. Eine Verurteilung ist keineswegs sicher. Offensichtlich ist hingegen, dass Trump längst den Spieß herumgedreht hat und das Gericht als perfekte Kulisse für seine Opfer-Inszenierung und Spendenaufrufe einsetzt. Begeistert kaufen seine Hardcore-Anhänger T-Shirts mit dem Fahndungsfoto ihres Idols. Sie werden sich durch eine (theoretisch mögliche) Haftstrafe kaum umstimmen lassen. Doch auch unabhängige Wechselwähler halten laut Umfragen mehrheitlich die Schweigegeldaffäre für nicht sehr schwerwiegend.

Die Gerichte werden eine Wiederwahl von Trump kaum verhindern. Allerdings könnte der manische Egozentriker seine Chancen beschädigen, wenn er sich angesichts der täglichen Termine vor dem Kadi in den kommenden sechs Wochen immer stärker in seinen narzisstischen Kränkungswahn steigert und um sich schlägt. Angesichts der ernsten Weltlage könnten die Fernsehbilder eines wütenden Mannes, der endgültig nichts mehr anderes wahrnimmt als seine eigene Befindlichkeit, während sein Gegenspieler einen Krieg zu verhindern versucht, dem Image des Kandidaten am Ende mehr schaden als der Nachweis einer Straftat.