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Kommentar

Aggressive Politik
Trump will die USA zur „Mineralsupermacht“ machen

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Lesezeit 5 Minuten
ARCHIV - 02.04.2025, USA, Washington: US-Präsident Donald Trump spricht während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle im Rosengarten des Weißen Hauses. Trump setzt seine aggressive Handelspolitik fort und bringt ein neues weitreichendes Zollpaket auf den Weg. Trump zeigt, welche Länder genau welche Zölle zahlen sollen. (zu dpa: «USA: Keine Zölle gegen Russland wegen Ukraine-Verhandlungen») Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

US-Präsident Donald Trump spricht während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle im Rosengarten des Weißen Hauses.

Unser Kolumnist Klaus Larres findet, Trump verfolgt auch nachvollziehbare Interessen. Doch mit seinem Vorgehen schade er den USA.

Es gibt kaum einen Tag, an dem nicht neue hektische und oftmals chaotische Maßnahmen der Trump-Administration verkündet werden. Immer drastischere Importzölle werden erhoben, zunehmend striktere Einwanderungsregelungen erlassen, und immer mehr staatliche Behörden werden einfach abgeschafft, nicht zuletzt solche, die sich mit der Klima- und Gesundheitspolitik beschäftigen.

Doch allmählich entsteht eine Gegenbewegung. Selbst im republikanisch dominierten Senat und in manchen von den Republikanern regierten Einzelstaaten regt sich Unmut mit der Politik Trumps. Der dramatische Absturz des Aktienmarkts hat vielen die Augen geöffnet.

USA: Donald Trump will Zugang zu seltenen Erden

Dabei ergeben einige politische Maßnahmen Trumps durchaus Sinn, auch wenn der US-Präsident sich bei der praktischen Umsetzung oftmals verhält wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. Trump bemüht sich intensiv darum, den USA größeren Zugang zu den weltweit begrenzten Vorräten an „kritischen Mineralien“ und Seltenen Erden zu verschaffen. Vollmundig hat er verkündet, dass er die USA zur Mineraliensupermacht machen wolle, die in fünf bis 10 Jahren die globale Produktion und Raffinierung dominieren werde.

Die Seltenen Erden bestehen aus insgesamt 17 metallischen Elementen und sind für die Herstellung vieler moderner Technologie- und Medizinprodukte unerlässlich. Ohne Seltene Erden können keine Smartphones, Elektrobatterien und Motoren, LEDs, Windturbinen, Plasmabildschirme, Drohnen und vieles mehr herstellt werden. Fast jedes Land der Welt hat daneben eine jeweils etwas anders gewichtete Liste wichtiger Mineralien, die ebenfalls für die Produktion modernster Technologie- und Energie-Produkte notwendig sind.

USA sprechen von 50 kritischen Mineralien - die meisten sind in China

Die USA gehen von etwa 50 solcher kritischen Mineralien aus, zu denen Aluminium, Germanium, Lithium, Magnesium, Nickel, Tungsten, Chrom, Cobalt, Rhodium und viele andere gehören. Mehr als 30 davon müssen die USA zu 100 Prozent aus dem Ausland einführen, und nur weniger als eine Handvoll sind im Land selbst reichlich vorhanden.

Die meisten der Seltenen Erden befinden sich in China. 70 Prozent ihres Bedarfs beziehen die USA von dort. Zudem raffiniert China fast 90 Prozent aller Seltenen Erden weltweit, das heißt, es reinigt die aus der Erdkruste entnommenen Rohstoffe und macht damit die Nutzung der wichtigen Metalle überhaupt erst möglich. So wird beispielsweise das für viele Computerfunktionen, für das GPS-Navigationssystem und für die Herstellung von Fotozellen unerlässliche Caesium in lediglich drei Minen auf der Welt abgebaut. Alle drei sind in chinesischem Besitz.

USA haben sich in Abhängigkeit von China gebracht

Während Peking über viele Jahrzehnte seine globale Dominanz im kapitalintensiven kritischen Mineralienbergbau ausgebaut hat und sich vorausschauend um den Aufbau globaler Versorgungsketten gekümmert hat, wurde das in der westlichen Welt aus Geld- und Umweltschutzgründen völlig vernachlässigt. Während noch 1995 etwa ein Drittel der weltweiten Lithiumproduktion aus den USA stammte, schrumpfte diese bis 2021 auf ein Prozent zusammen. Dagegen versiebenfachte Peking seine Produktionskapazität von Lithium allein zwischen 2013 und 2020.

Damit haben sich die USA in eine gefährliche Abhängigkeit gebracht. Im Fall eines militärischen Konflikts um Taiwan würde Peking sicherlich nicht zögern, den Export Seltener Erden in westliche Länder abrupt zu stoppen. Schon im Februar und März, als Trump 20-prozentige Zölle auf chinesische Exporte in die USA erhob, verhängte die Führung in Peking umgehend Exportkontrollen für 25 Seltene Erden. Mit einer noch weitaus stärkeren Reaktion ist nun zu rechnen, nachdem Trump vorige Woche Produkte aus China mit zusätzlichen Exportzölle von 34 Prozent belegte, die sich damit insgesamt auf ungeheuerliche 54 Prozent belaufen.

Schon Biden hatte sich um Mineralienproduktion der USA gesorgt

Bereits die Biden-Administration und auch Trump in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 hatten versucht, etwas gegen die Mineralienabhängigkeit der USA zu unternehmen – ohne allzu viel Erfolg. Jetzt geht Trump das Problem immer verzweifelter an. Er hat einen von Energieminister Doug Burgum geleiteten „National Energy Dominance Council“ (Nationaler Rat für Energie-Überlegenheit) ins Leben gerufen. Gleich nach Amtsaufnahme rief er in zwei Verordnungen aus Gründen der nationalen Sicherheit einen dramatischen Notfall zur Versorgung mit Energie und kritischen Mineralien aufrief, um deren langwierigen und kapitalintensiven Abbau anzukurbeln. Vor zwei Wochen erließ Trump eine weitere präsidiale Verordnung mit dem Ziel, die US-Mineralienproduktion deutlich zu erhöhen.

Wie dramatisch Trump die Lage sieht, wird auch daran deutlich, dass er sich über den Protest von mehr als 40 Nationen sowie der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA hinwegsetzt, einer UN-Unterorganisation, der 167 Nationen und die EU angehören. Er will einer privaten Firma, der „Metals Company“, die Genehmigung erteilen, mit dem Abbau wertvoller Mineralien am Boden des Pazifischen Ozeans in rund drei Kilometer Tiefe zu beginnen. Da sich das dafür vorgesehene Gebiet in internationalen Gewässern befinde, habe der Einspruch der ISA gegen die Ausbeutung der Felsenformationen mit reichlich Nickel, Kupfer, Zink und Kobalt keine Geltung.

Ukraine besitzt fünf Protent aller kritischen Mineralien weltweit

Nicht zuletzt hat auch Trumps aggressive Außenpolitik viel mit seinem Fokus auf den kritischen Mineralien und Seltenen Erden zu tun. Das Land mit den – nach China - weltweit reichsten Vorkommen dieser wichtigen Rohstoffe ist: Kanada. Das ist der Hauptgrund, warum Trump immer wieder erwähnt, er wolle das Nachbarland zum 51. Bundesstaat der USA machen. Auch Grönland, über dessen Annexion Trump regelmäßig fabuliert, hat sehr reiche Vorkommen an Seltenen Erden und 25 der wichtigsten kritischen Mineralien. Derzeit verhandeln die USA gar ein Abkommen mit dem durch kriegerische Konflikte tief zerrütteten Kongo, dem weltgrößten Produzenten Kobalt.

Dass Trump die Ukraine noch nicht ganz fallengelassen und die schon einmal ausgesetzte Militär- und Finanzhilfe wieder aufgenommen hat, liegt vor allem an seinem nach wie vor bestehenden Ziel, ein umfangreiches, für die USA auch finanziell sehr vorteilhaftes Mineralienabkommen mit Kiew abzuschließen. Immerhin besitzt die Ukraine fünf Prozent aller kritischen Mineralien der Welt, große Mengen an Lithium, Graphit sowie an Beryllium und Uranium, die für Atomreaktoren und die Produktion nuklearer Waffen unerlässlich sind.

Trumps Mineralienpolitik folgt somit nachvollziehbaren Interessen. Doch mit seinem aggressiven Vorgehen tut er den USA keinen Gefallen. Im Gegenteil.