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Solidarität mit UkraineWagenknecht zieht umstrittene Passage aus Antrag zurück

Lesezeit 3 Minuten
Wagenknecht dpa 210622

Sahra Wagenknecht (Archivbild)

Unmittelbar vor dem mit Spannung erwarteten Linken-Parteitag in Erfurt verwahrt sich die Abgeordnete Sahra Wagenknecht gegen den Vorwurf mangelnder Solidarität mit der Ukraine. In einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ kündigte sie zugleich einen ergänzten Änderungsantrag an den Parteitag an. Gegenüber dem „Spiegel“ bestätigte Wagenknecht ihre Pläne am Dienstagnachmittag.

Wagenknecht betonte: „Seit Tagen laufen Meldungen, dass wir angeblich mit unserem Antrag die Solidarität mit der Ukraine streichen wollten. Das ist eine bewusste Verfälschung, denn auch bei Annahme unseres Antrages wären an vielen Stellen Solidaritätsbekundungen mit der ukrainischen Bevölkerung im Leitantrag erhalten geblieben. Aber wir werden jetzt auch ausdrücklich die immer wieder zitierten Passagen übernehmen und ändern dafür unseren Antrag.“

Sahra Wagenknecht: „Ukraine-Krieg wäre vermeidbar gewesen“

Wagenknecht verband das mit der Hoffnung, „dass ab jetzt über das diskutiert wird, worum es wirklich geht: dass die Linke die unsägliche Zeitenwende-Rhetorik nicht mitmachen darf“. Sie betonte, verbrecherische Kriege, bei denen es um Großmacht-Ambitionen und Einflusssphären gehe, seien leider überhaupt nichts Neues. „Und wir sollten auch nicht hinter dem Papst zurückbleiben, der darauf hingewiesen hat, dass das Bellen der NATO an Russlands Tür' für den Ausbruch des Krieges mitverantwortlich ist. Der Ukraine-Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen, aber er wäre vermeidbar gewesen.“

In dem Änderungsantrag, den Wagenknecht und andere gestellt haben, soll nun ein zentraler Abschnitt aus dem Leitantrag wieder aufgenommen werden. Darin heißt es: „Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine, die leiden, Widerstand leisten oder flüchten müssen. Unsere Solidarität gehört ebenso den Menschen in Russland, die sich gegen den Krieg stellen, desertieren und dafür Verfolgung befürchten müssen; den Menschen, die sich weltweit gegen Krieg stellen und die Menschen auf der Flucht unterstützen.“

Wagenknecht will Krieg „historisch einordnen“

Vor dem Linken-Parteitag hatte sich zuvor eine Machtprobe zur Ukraine-Politik angekündigt. Die Gruppe um Wagenknecht forderte drastische Änderungen am Leitantrag der Parteispitze, um eine Mitverantwortung der Nato für den russischen Angriff auf die Ukraine zu betonen. „Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg, auch unser Antrag sagt ganz klar, dass es für diesen Krieg keine Rechtfertigung gibt“, sagte Wagenknecht in der letzten Woche. Es gehe nicht darum, die Solidarität mit der Ukraine zu streichen, sondern den Krieg historisch einzuordnen.

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Der zentrale Abschnitt, den Wagenknecht nun doch akzeptieren will, sollte ursprünglich gestrichen werden. In Wagenknechts Änderungsantrag heißt es zwar: „Für den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine gibt es keine Rechtfertigung.“ Zugleich wird der Nato jedoch Wortbruch bei der Osterweiterung, den USA Unterstützung eines „Regime-Change“ in Kiew und der Ukraine die Ablehnung des Minsker Abkommens vorgehalten. „Die jahrelange demonstrative Missachtung der von russischer Seite artikulierten Sicherheitsinteressen führte in diesen nicht zu rechtfertigenden Krieg“, hieß es im Antrag.

„Territoriale Zugeständnisse“ laut Sahra Wagenknecht „wahrscheinlich unvermeidbar“

Wagenknecht forderte zudem in einem Gespräch mit der „Deutschen Presse-Agentur“ Zugeständnisse der Ukraine für ein Ende des Kriegs. „Voraussetzung für einen Verhandlungsfrieden wäre ganz sicher, dass die Ukraine auf ihre Nato-Ambitionen verzichtet“, sagte sie. „Auch territoriale Zugeständnisse“ seien laut Wagenknecht „wahrscheinlich unvermeidbar.“

Auf dem Parteitag von Freitag bis Sonntag will sich die Linke grunderneuern – die Parteiführung soll komplett neugewählt werden, inklusive einer neuen Doppelspitze. Die bisherige Parteichefin Janine Wissler stellt sich zur Wiederwahl. Zusätzlich bewerben sich Martin Schirdewan, Heide Reichinnek und Sören Pellmann um den Vorsitz. (das/dpa)