Geheimhaltung aufgehobenDiese Waffen hat Deutschland bisher an die Ukraine geliefert
Berlin/Köln – Die Bundesregierung hat erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine das Ausmaß deutscher Waffenlieferungen nach Kiew offengelegt. Die deutsche Unterstützung für die Ukraine stand in den letzten Wochen immer wieder in der Kritik. Zu wenig umfangreich, zu langsam, zu unbrauchbar seien die Waffenlieferungen der Bundesregierung bisher gewesen, bemängelte nicht zuletzt der ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk immer wieder. Auch aus Kiew selbst kamen Signale des Unmuts über die deutsche Unterstützung. Nun setzt man in Berlin offenbar auf Transparenz.
Bundesregierung tut es Nato-Partnern gleich
Während Nato-Partner wie die USA bereits seit Wochen detailliert offenlegen, welche Waffensysteme in welcher Anzahl an die Ukraine geliefert wurden oder werden sollen, schwieg man sich in Berlin diesbezüglich bisher weitestgehend aus. Konkrete Informationen zu den Waffenlieferungen könnten die Logistik in Gefahr bringen, lautete der Tenor in den deutschen Ministerien.
Am Dienstag machte die Bundesregierung dann die Rolle rückwärts – und veröffentlichte Details zu den bisher in die Ukraine gelieferten Waffen und zu jenen, deren Lieferung noch geplant ist. Die wichtigsten Posten der Liste der Bundesregierung hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hier zusammengestellt. Sie umfasst sowohl Abgaben aus Beständen der Bundeswehr, als auch aus Mitteln der Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung finanzierte Lieferungen durch die Industrie.
Diese Waffen hat Deutschland bisher geliefert
- 3.000 Patronen für die „Panzerfaust 3“ und 14.900 Panzerabwehrminen
- 500 Stinger-Fliegerabwehrraketen und 2700 Strela-Fliegerfäuste, außerdem 50 Bunkerfäuste
- 100 MG-3-Maschinengewehre, 16 Millionen Schuss Handwaffenmunition und 100.000 Handgranaten
- 23.000 Gefechtshelme und 3.000 Feldfernsprecher
- 5.300 Sprengladungen, 100.000 Meter Sprengschnur, 100.000 Sprengkapseln, sowie 350.000 Zünder
- 178 Kraftfahrzeuge und 30 sondergeschützte Fahrzeuge
- Zusatzausrüstung wie 125 Doppelfernrohre, 600 Schießbrillen, 353 Nachtsichtbrillen und 165 Ferngläser
- Ersatzteile für den Kampfjet MiG-29
- vier Drohnenabwehrgeräte und ein Radiofrequenzsystem
Neben Waffen und Munition lieferte Deutschland bisher jedoch auch medizinisches Material und Infrastruktur an die Ukraine. So seien unter anderem 100 Zelte, zwölf Stromerzeuger, 15 Paletten Kleidung, 1200 Krankenhausbetten, 18 Paletten Sanitätsmaterial und 68 Lkw-Ladungen Lebensmittel versendet worden. Zusammen mit Estland habe Deutschland zudem ein Feldlazarett für die Ukraine geliefert. Auch Diesel und Benzin würden fortlaufend geliefert, erklärte die Bundesregierung – ohne dabei konkrete Zahlen zu nennen.
Berlin veröffentlicht „Unterstützungsleistungen in Vorbereitung/Durchführung“
Neben den bereits erfolgten Lieferungen werden in der Liste auch „Unterstützungsleistungen in Vorbereitung/Durchführung“ aufgezählt. Details zu den genauen Zeitpunkten der geplanten Lieferungen werden aus Sicherheitsgründen nicht genannt.
Unklarheit bestand am Dienstag über die Lieferung von sieben Panzerhaubitzen 2000. Auf der Liste der Bundesregierung wurden die Artillerie-Systeme als noch nicht geliefert aufgeführt, nahezu zeitgleich gab der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow jedoch bekannt, die Panzerhaubitzen seien in der Ukraine eingetroffen und einsatzbereit. Botschafter Melnyk bestätigte die Lieferung wenig später gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Mit dem Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM und drei Mehrfachraketenwerfern des Typs MARS finden sich auf der Liste der ausstehenden Lieferungen neben den Haubitzen genau die schweren Waffensysteme, um die Kiew immer wieder gebeten hatte. Außerdem sollen unter anderem geliefert werden:
Diese Waffen will Berlin noch an die Ukraine liefern
- 10.000 Schuss Artilleriemunition, 53.000 Schuss Flakpanzermunition, 5,8 Millionen Schuss Handwaffenmunition
- 40 Aufklärungsdrohnen, acht mobile Bodenradare, acht elektronische Drohnenabwehrgeräte, zehn Antidrohnenkanonen, vier Minenräumgeräte, 14 Drohnenabwehrsensoren und sieben Störsender
- 30 Flakpanzer Gepard inklusive 6.000 Schuss Munition
- 80 Toyota-Pick-ups und 22 Lkw
- 100.000 Erste-Hilfe-Kits, 65 Kühlschränke für Sanitätsmaterial und 5.000 Gefechtshelme
In Kooperation mit Dänemark will Deutschland zudem 54 M113-Truppentransporter mit Bewaffnung an die Ukraine liefern. Die eigentlich dänischen Systeme sollen auf deutsche Kosten umgerüstet werden.
Für manche der Waffensysteme weist die Bundesregierung allerdings daraufhin, dass die Produktion beziehungsweise Instandsetzung noch andaure, zudem erfolgten teilweise noch Ausbildungsleistungen, bevor die Systeme geliefert werden könnten. Von dieser Einschränkung betroffen sind auch die in Kiew heißbegehrten MARS-Mehrfachraketenwerfer und das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM. Mit einer kurzfristigen Lieferung ist bei diesen schweren Waffen offenbar also nicht zu rechnen.
Kritiker von Waffenliste nicht besänftigt
Die Kritiker besänftigen konnte die Waffenliste der Bundesregierung unterdessen am Dienstag nicht. „Die Liste der Bundesregierung zeigt, dass noch keine schweren Waffen geliefert wurden.“ Die Ukraine stehe aber massiv unter Druck. „Deshalb ist es zentral, dass die Lieferung beschleunigt wird“, sagte Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Das könnte Sie auch interessieren:
Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte gegenüber dem RND, es zeige sich, „dass wir noch mehr tun müssen – ohne Wenn und Aber“. Die Bundesregierung müsse kommunizieren, sie müsse aber vor allen Dingen weiter Waffen liefern. Hier gelte das Prinzip: „Machen, machen, machen.“ CDU-Chef Friedrich Merz erklärte derweil, die Unions-Bundestagsfraktion halte an ihrem Antrag fest, mit dem sie am Mittwoch die Bundesregierung in einem Antrag auffordern will, die Waffenlieferungen in die Ukraine zu verstärken und zu beschleunigen.