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Wendepunkt in Kriegsstrategie?Experten fürchten große Mobilmachung am 9. Mai

Lesezeit 3 Minuten
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Russische Panzer bei einer Probe zur Militärparade zum „Tag des Sieges“

In Deutschland ist der 9. Mai für die meisten Menschen ein Tag wie jeder andere, in Russland allerdings hat er als Feiertag eine besondere Bedeutung. Der Kreml feiert am „Tag des Sieges“, jenem Datum, an dem vor 77 Jahren die deutsche Armee kapituliert und damit den Zweiten Weltkrieg beendet hat, den Sieg über Nazi-Deutschland. Aufgrund der verschiedenen Ortszeiten feiert Russland das Kriegsende einen Tag später und wird nicht wie in Deutschland mit dem 8. Mai in Verbindung gebracht.

Seither wird der 9. Mai in Russland alljährlich mit einer Parade groß gefeiert. In diesem Jahr würde Putin gerne auch einen aus seiner Sicht großen Sieg feiern. Viele Experten vermuteten zu Kriegsbeginn, dass es das Ziel des russischen Machthabers sei, am zweiten Montag im Mai 2022 die Unterwerfung der Ukraine zu zelebrieren. Dass Putin den „Tag des Sieges“ zum Zieldatum der Invasion ausgerufen haben soll, ging unter anderem aus einem internen Briefing der Nato hervor.

Eroberung der Ukraine bis zum 9. Mai in weite Ferne gerückt

Doch danach sieht es zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus, der Widerstand der ukrainischen Armee scheint ungebrochen, Putins Plan einer schnellen Eroberung gescheitert.

Angesichts der Tatsache, dass Putins Offensive im Donbass nur schleppend vorangeht, könnte der 9. Mai Experten zufolge dennoch eine Zäsur im Ukraine-Krieg bedeuten – sie befürchten, das Putin seine Strategie ändern und an diesem Tag eine große Mobilmachung verkünden wird.

9. Mai als Wendepunkt im Russlands Kriegs-Strategie?

Ein solches Szenario der Aufrüstung wird laut den Fachleuten des „Zentrums für europäische politische Analyse“ immer unwahrscheinlicher. Laut einem nun veröffentlichten Bericht soll die russische Militärsführung unzufrieden darüber sein, die Ziele des Kriegs zu begrenzen.

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Russische Panzer in Moskau

Sie argumentieren laut dem Bericht, dass Russland nicht die Ukraine bekämpfe, sondern die Nato. Auch dass Putin von einer Eroberung Kiews abgerückt sei, halte man intern für einen Fehler.

Kriegsanalysten erwarten große Mobilmachung

Eine Studie des „Royal United Services Institute“ sieht ebenfalls Anzeichen dafür, dass der 9. Mai das Datum für eine große Mobilmachung sein könnte. Die Fachleute schreiben darin: „Der 9. Mai hat sich von einer Deadline für den Sieg in einen Beginn einer riesigen Mobilisierung gewandelt.“

Der Feiertag könne „der Tag sein, an dem die russische Führung nicht mehr von einer ‚militärischen Spezialoperation‘ spricht, sondern von ‚Krieg‘.“

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Die Kriegsanalysten Jack Walting und Nick Reynolds sind der Meinung, die russische Führung habe erkannt, dass sie Zeit brauche, um ihre Ziele im Osten und Süden der Ukraine zu verwirklichen. Dafür brauche man eine Großoffensive im Sommer. Für solche Pläne spreche unter anderem die veränderte Rhetorik bei Lawrow und Putin in Richtung Nato und Beobachtungen, dass Russland sich nun ökonomisch auf einen langen Krieg einstelle.

Der Bericht beruht laut den Wissenschaftlern auf einer Vielzahl von Quellen, unter anderem seien Erkenntnisse von der Front, Informationen von unabhängigen Journalisten sowie von Open Source-Quellen ausgewertet worden, auch Interviews mit hochrangigen ukrainischen Offiziers und Geheimdiensten sowie mit russischen Informanten sollen geführt worden sein.