Rund um die Amtseinführung von Taiwans neuem Präsidenten sind die Drohungen Chinas martialischer geworden. Eines der wirksamsten Abschreckungsmittel ist der Hinweis auf wirtschaftliche Konsequenzen.
Taiwan-KonfliktAuch Chinas Knochenknacker denken an die Wirtschaft
Wie schwach muss sich einer fühlen, wenn er mit Knochenknacken droht. China paradiert gerade einmal seine Waffen vor der Insel Taiwan. Es schickt Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in die Straße von Taiwan und lässt einen Ministeriumssprecher warnen, wer die Unabhängigkeit des Inselstaats vorantreibe, riskiere „zerschmetterte Schädel und Blut“. Lauter, breitbeiniger und vor allem martialischer geht es kaum.
Nun gehören Drohungen Richtung Taiwan seit Jahren, gar Jahrzehnten zum gängigen Umgangston Chinas mit Taiwan, dessen Lossagung vom Festland es als historisches Versehen betrachtet. Dass Chinas Staatsführung die Amtseinführung des neu gewählten, auf Eigenständigkeit des Landes bedachten Präsidenten Lai Ching-te kommentarlos würde vorbeiziehen lassen, war kaum zu erwarten.
China: „Strenge Warnung“ an Taiwan und seine Verbündeten
Die Ohnmacht angesichts des jahrzehntelangen selbstbewussten Eigenlebens Taiwans, deren chinatreue Kommunistische Partei noch keine Wahl dort gewonnen hat, bedarf offenbar als Therapie der großen Gesten und wütenden Worte.
Damit auch der letzte versteht, um was es sich handelt, ließ auch die chinesische Armee wissen: Das Manöver in Sicht- und Hörweite Taiwans sei eine „harte Strafe“ für Leute wie den Präsidenten und eine „strenge Warnung“ an andere Länder, die gewagt hatten, Lai zu gratulieren. In der Logik von Pekings Ein-China-Politik hat ein taiwanischer Präsident nun mal keine Existenzberechtigung. Eine Flasche Riesling von einer Delegation deutscher Bundestagsabgeordneter als Geschenk zum Amtsantritt wird da schon als Beleidigung aufgefasst.
Taiwan: Lage ist brenzliger als je zuvor
Es griffe allerdings zu kurz, das Ganze als übliches Gepolter abzutun. Die Lage ist brenzliger geworden. Es besteht die Gefahr, dass China versucht, das Ärgernis Taiwan im Windschatten des Ukraine-Kriegs und des Gaza-Konflikts zu bereinigen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat gezeigt, wie schnell aus Drohungen blutige Realität werden kann.
Mehr denn je braucht es daher Umsicht im Umgang mit dem Taiwankonflikt. Es gilt, Ruhe zu bewahren angesichts aktueller Einschüchterungsversuche. Und es gilt, China Grenzen und Konsequenzen seines Handelns aufzuzeigen. Das geht, ohne von Knochenknacken zu sprechen.
Der deutliche und vor allem auch glaubwürdig vermittelte Hinweis auf wirtschaftliche Konsequenzen gehört an oberster Stelle dazu. Turbulenzen auf dem Weltmarkt, der Rückzug internationaler Unternehmen würden Chinas wackeliger Wirtschaft schaden. Und daran hat China gewiss kein Interesse. (rnd)