Klimadienst meldet Serie mit höchsten Temperaturen weltweit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fordert mehr Hitzeschutz für die Bevölkerung
Todesfalle KlimakriseKarl Lauterbach fordert mehr Hitzeschutz für die Bevölkerung - auch in den Kommunen
Es ist eine unheilvolle Serie: Seit nun schon einem Jahr ist jeder einzelne Monat der weltweit wärmste seit Aufzeichnungsbeginn. Der Mai war der zwölfte Monat in Folge, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den jeweiligen Monat erreichte, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus am Mittwoch mitteilte. Im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, war der Mai demnach 1,52 Grad wärmer. Die gemittelte globale Temperatur der vergangenen zwölf Monate – von Juni 2023 bis Mai 2024 – erreichte ebenfalls einen Höchstwert: Sie lag 1,63 Grad über dem vorindustriellen Niveau.
„Es ist schockierend, aber nicht überraschend, dass wir diese zwölfmonatige Serie erreicht haben“, sagte Copernicus-Direktor Carlo Buontempo. „Zwar wird diese Abfolge von Rekordmonaten irgendwann unterbrochen werden, doch die allgemeine Signatur des Klimawandels bleibt bestehen, und es ist keine Änderung dieses Trends in Sicht.“
Schnelles Handeln angesichts der Klimakrise angemahnt
Nur wenn man die Konzentration der Treibhausgase in nächster Zukunft stabilisiere, könne man vielleicht bis Ende des Jahrhunderts zu kühleren Temperaturen zurückkehren, betonte Buontempo. UN-Generalsekretär António Guterres mahnte ebenfalls ein schnelles Handeln an: „Wir brechen die globalen Temperaturrekorde und ernten den Wirbelwind. Es ist die Zeit der Klimakrise. Jetzt ist es an der Zeit zu mobilisieren, zu handeln und zu liefern.“
Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu Niederschlägen. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. Die genutzten Daten gehen zurück bis auf das Jahr 1950, teilweise sind auch frühere Daten verfügbar.
Karl Lauterbach mahnt besseren Hitzeschutz der Bevölkerung an
Angesichts der steigenden Temperaturen mahnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen besseren Hitzeschutz der Bevölkerung an. Die Hitze sei wie das Hochwasser eine Folge des Klimawandels, sie fordere allerdings ein Vielfaches an Toten, sagte er anlässlich eines Hitzeaktionstages. Allein im vergangenen Sommer sind nach Zahlen des Robert Koch Instituts 3200 Menschen in Deutschland wegen zu hoher Temperaturen zu Tode gekommen. 2022, einem Jahr mit knapp 20 und damit besonders vielen Hitzetagen, erreichte die Zahl der Opfer mit 4500 einen noch höheren Wert.
Die Dunkelziffer dürfte Experten zu Folge weit darüber liegen. Denn: Zu den klar definierten Hitzetoten gesellte sich die Zahl der Menschen, die an Vorerkrankungen litten, die sich bei steigenden Temperaturen verschlimmerten. Der Grund: Bei einem vorerkrankten Körper funktioniert die Thermoregulation beispielsweise nicht mehr optimal. Gerade für Risikogruppen wie Senioren, chronisch Kranke, Kleinkinder, aber auch Obdachlose oder im Freien arbeitende Menschen sei Hitzeschutz deshalb zentral. „Europa hat eine sehr alte Bevölkerung, zudem erhöht sich die Temperatur hier deutlich schneller als anderswo. Wir befinden uns in einer besonderen Gefahrenzone“, sagte der Minister. Gefragt seien Aktionen auf vielen Ebenen.
So sind Hausärzte in der Pflicht, die Risikogruppen im Blick zu behalten und laut Nicola Buhlinger-Göpfarth, Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, beispielsweise Medikamentationen bei Hitze anzupassen. Minister Lauterbach sieht auch die Kommunen gefordert. Hitzeschutz beginne in den Städten beim Aufstellen von Trinkbrunnen, Informationsmöglichkeiten und dem Planen von Schattenplätzen. „Es sind noch viel zu wenige Kommunen dabei. Das ist ein blinder Fleck“, sagte der Minister.
Martin Herrmann, Vorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), machte auch auf das wirtschaftliche Risiko von mangelndem Hitzeschutz aufmerksam. Einer DAK-Studie zu Folge sei ein Viertel der Arbeitnehmenden bei Hitze stark belastet. „Das macht zehn Millionen Menschen. Den wirtschaftlichen Schaden, der daraus entsteht, können wir uns nicht leisten.“ (mit dpa)