Trumps Zollpolitik ist eine Wette mit extremem Einsatz und höchst ungewissem Ausgang – auch für die USA, kommentiert Karl Doemens.
Nächste Zoll-RundeTrumps beispiellose Wette mit extremem Einsatz


Erwartet Geschenke: Donald Trump im Oval Office. / SIPA USA/Sipa USA
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Nachgeben? Nicht er. Nicht Donald Trump. Alles läuft prima, wenn man seiner Sprecherin Karoline Leavitt glauben darf. „Der Ölpreis fällt, der Benzinpreis fällt, Eier werden billiger“, schwärmte die PR-Frau am Dienstag und betonte: Die zweite Stufe der Zoll-Orgie wurde wie geplant am Mittwochmorgen gezündet. 60 Länder rund um die Welt sind betroffen. Doch besonders krass sind die Auswirkungen im Falle Chinas, wo auf saftige 54 Prozent Grenzabgabe nun noch einmal 50 Punkte draufkommen.
Von außen betrachtet wirkt die siegesgewisse Pose des Weißen Hauses höchst befremdlich: Seit Tagen spielen die Börsen verrückt. Die Öl- und Gaspreise sinken in Erwartung einer bedrohlichen Rezession. Und ein 104-prozentiger Zoll auf alle Einfuhren aus China dürfte den Shopping-Bummel für alle Amerikaner bald zum regelrechten Horrortrip machen.
Das Märchen vom Goldenen Zeitalter
Trotzdem zeigt Trump keine Zweifel. Aus seiner Sicht nämlich läuft die irrwitzige Operation, die die ganze Weltwirtschaft in den Abgrund zu stürzen droht, gut. Seine Basis, die das Märchen vom Goldenen Zeitalter und der Rückkehr der alten Industriearbeitsplätze glaubt, hält ihm nach internen Umfragen bislang die Stange. Und Trump selbst kann sich nun endgültig wie der Kaiser fühlen, bei dem Könige, Regierungschefs und Unternehmensbosse aus der ganzen Welt mit Geschenken in der Hand Schlange stehen.
Die Zölle sind das Lieblingsspielzeug des narzisstischen Kleptokraten. „Präsident Trump ist bereit, Anrufe entgegenzunehmen“, warb Leavitt offen. Mit Japan, Vietnam und Südkorea laufen schon Gespräche. In der nächsten Woche wird Italiens Premierministerin Georgia Meloni erwartet. „Die Welt weiß, dass sie die USA braucht. Der Präsident hat jede Menge Druckmittel auf seiner Seite“, sagte Leavitt. Mit jedem Land solle eine „maßgeschneiderte Lösung“ gefunden werden.
Die Frage, wer den längeren Atem hat
Damit ist die größte Pokerpartie der jüngeren Weltgeschichte eröffnet. Auf dem Spiel steht nicht weniger als der Wohlstand von Abermillionen Menschen. Die Europäische Union ist gut beraten, mit einer ebenso ambivalenten Mischung aus Verhandlungsbereitschaft und schmerzhaften Gegenmaßnahmen zu antworten. Am Ende ist die Frage, wer den längeren Atem hat.
Schon jetzt werden die Wallstreet-Milliardäre in Trumps Umgebung nervös. Auch Elon Musk zeigt wegen der Importe für seine Tesla-Karossen Nerven. Dabei sind die aus den Zöllen resultierenden Preiserhöhungen bislang noch gar nicht in den USA angekommen.
Wie viele Monate ist die amerikanische Bevölkerung bereit, drastische Aufschläge für Klamotten, Autos oder iPhones hinzunehmen, ohne davon irgendeinen Vorteil zu haben? Es ist eine beispiellose Wette mit extremem Einsatz. Manches spricht dafür, dass Trumps Hebel keineswegs so groß ist, wie der Präsident zu glauben scheint.