GroßbritannienTruss entlässt Finanzminister – Jeremy Hunt als Nachfolger ernannt
London – Die britische Premierministerin Liz Truss hat ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen. Das bestätigte der geschasste Schatzkanzler am Freitag per Twitter. Truss wollte noch am Nachmittag vor die Presse treten. Erwartet wurde, dass sie dabei eine Kehrtwende von den kürzlich verkündeten Steuerplänen ihrer Regierung vollziehen wird. Medien spekulierten auch, sie werde eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Kwarteng vorstellen.
Der Schritt kommt kurz vor einer erwarteten Kehrtwende bei den geplanten Steuerplänen der Regierung. Truss steht nur gut fünf Wochen nach ihrem Amtsantritt in ihrer eigenen Partei massiv unter Druck. Hintergrund für die Regierungskrise sind die heftigen Reaktionen der Finanzmärkte auf die Ende September ohne Pläne zur Gegenfinanzierung angekündigten Steuersenkungen.
Nachfolger ernannt: Jeremy Hunt neuer britischer Finanzminister
Zum Nachfolger von Kwasi Kwarteng ernannte Truss am Freitagmittag Jeremy Hunt, früherer Außen- und Gesundheitsminister. Der bisherige Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im britischen Parlament hatte sich im Sommer selbst um die Spitze der Konservativen Partei beworben, war aber nach wenigen Wahlgängen gescheitert. Während der Pandemie war der 55-Jährige einer der schärfsten Kritiker der Regierung.
Hunt ist bekannt für seine Fauxpas. Slowenien bezeichnete er bei einem Besuch als ehemaligen Vasallenstaat der Sowjetunion. In China wollte er mit seiner von dort stammenden Frau beeindrucken, sagte aber versehentlich, sie sei aus Japan.
Nach heftiger Reaktion der Finanzmärkte auf Steuersenkungen: Finanzminister Kwarteng entlassen
Die Finanzmärkte hatten nach der Ankündigung erheblicher Steuersenkungen ohne einen Plan zur Gegenfinanzierung heftig reagiert. Das Pfund fuhr im Verhältnis zum US-Dollar in den Keller. Die Bank of England musste mehrmals intervenieren und Staatsanleihen kaufen, um deren Preisverfall auszuhalten und den Kollaps von Pensionsfonds zu verhindern. Steigende Zinsen für Immobilienkredite verschärften für viele Hausbesitzer die Krise der Lebenshaltungskosten.
Die Regierung zog darauf die geplante Abschaffung des Spitzensteuersatzes wieder zurück und kündigte nach einigem Zögern an, auch die Vorstellung des gesamten Haushaltsplans um einige Wochen vorzuziehen. Doch das beruhigte die Finanzmärkte nur vorübergehend.
Umstrittene Finanzpolitik: Liz Truss könnte von ihrer Partei gestürzt werden
Zuletzt hatte Notenbankchef Andrew Bailey ein Ende der Anleihenankäufe für diesen Freitag angekündigt. Nach Ansicht einiger Experten wollte er damit die Regierung zum Einlenken zwingen. Die Finanzmärkte reagierten positiv auf die Berichte über eine Kehrtwende der Regierung.
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Ob Truss mit der Entlassung ihres Schatzkanzlers und der erwarteten Kehrtwende die Finanzmärkte wieder beruhigen kann und ihre Position festigen, gilt als fraglich. Britische Medien spekulierten bereits, sie könne demnächst von ihrer Partei gestürzt werden. Truss es abgelehnt, selbst zurückzutreten. Sie habe entschieden gehandelt und damit sichergestellt, dass das Land eine finanzielle Stabilität besitze. Truss sagte, sie werde immer im nationalen Interesse agieren. „Wir werden diesen Sturm überwinden.“
Die Regierungschefin beharrte darauf, dass ihre Politik niedrigerer Steuern und hoher Investitionsanreize richtig sei. Lediglich der Markt, den die Entscheidungen, die Steuern deutlich zu senken, irritiert hätten, sei der Grund, warum sie eine Kehrtwende einlege, sagte Truss. „Ich bin fest entschlossen, das zu halten, was ich versprochen habe.“ (dpa)