Nach wochenlangen Diskussionen steht das elfte Sanktionspaket der EU gegen Russland. Die Maßnahmen haben vor allem die im Blick, die die Sanktionen bislang umgehen konnten.
Angriffskrieg auf die UkraineEU-Staaten verabschieden elftes Sanktions-Paket gegen Russland
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben das elfte Paket mit Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht. Es umfasst Strafmaßnahmen gegen weitere Personen und Organisationen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen, aber auch ein Instrument gegen die Umgehung von bereits erlassenen Sanktionen, wie die schwedische Ratspräsidentschaft am Mittwoch in Brüssel mitteilte.
Die Einigung erfolgte im Ausschuss der ständigen Vertreter der 27 Mitgliedstaaten bei der EU in Brüssel. Sie soll nun bis Freitag in einem schriftlichen Verfahren formalisiert werden.
Einschränkung von Exporten in Drittstaaten
Die Pläne sehen unter anderem vor, die Möglichkeit zu schaffen, ausgewählte Exporte in bestimmte Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken. Aus den EU-Staaten selbst dürfen schon seit Monaten viele Produkte nicht mehr nach Russland geliefert werden.
Als Länder, über die Sanktionen gegen Russland umgangen werden, gelten zum Beispiel Kasachstan, Armenien, die Vereinigten Arabischen Emirate und China. Der Türkei wurde zuletzt von EU-Experten bescheinigt, vergleichsweise entschlossen auf Hinweise zu Sanktionsumgehungen zu reagieren.
Verschärfung bestehender Transit-Verbote
EU-Diplomaten zufolge sieht das neue Sanktionspaket zudem eine Verschärfung bestehender Transit-Verbote vor. Somit sollen bestimmte Hightech-Produkte oder Flugzeugteile, die Russlands Verteidigungssektor nützen, aus Drittstaaten nicht mehr nach Russland kommen können.
Wie bereits bei früheren Sanktionspaketen wurde darüber hinaus die Liste derjenigen Personen ergänzt, die zum Beispiel vom russischen Angriffskrieg profitieren und deswegen jetzt nicht mehr in die EU einreisen dürfen und deren etwaige Vermögen in der EU eingefroren werden. EU-Diplomaten zufolge werden 71 Personen und 33 Organisationen neu in die Sanktionsliste aufgenommen. Damit wolle man unter anderem auf die illegale Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland reagieren, hieß es.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Einigung auf das Sanktionspaket. Es werde der Kriegsmaschinerie von Russlands Präsident Wladimir Putin mit verschärften Ausfuhrbeschränkungen einen weiteren Schlag versetzen. Zudem ziele es auf Einrichtungen ab, die den Kreml unterstützten. „Unser Instrument zur Bekämpfung der Umgehung von Sanktionen wird Russland daran hindern, sanktionierte Güter in die Hände zu bekommen.“
Länder waren besorgt um ein mögliches Vorgehen gegen China
Die Kommissionschefin hatte kürzlich zu den bisherigen Sanktionen gegen Russland gesagt, allein die EU-Ausfuhrverbote beträfen Waren mit einem Vorkriegshandelsvolumen in Höhe von etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr. Dies entspreche einem Anteil von 55 Prozent. Die EU-Einfuhrverbote für Waren aus Russland betreffen demnach 60 Prozent der Vorkriegsausfuhren mit einem Wert von etwa 90 Milliarden Euro.
Direkt nach der Vorstellung der Vorschläge für das Sanktionspaket Anfang Mai hatte es zudem längere Diskussionen darüber gegeben, ob einzelne Länder an den Pranger gestellt werden sollten, wenn über sie Russland-Sanktionen umgangen werden. Hintergrund war vor allem die Sorge mancher Länder, dass ein mögliches Vorgehen gegen China Vergeltungsmaßnahmen und negative Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen zur Folge haben könnte. Vereinbart wurde deswegen nun ein sehr vorsichtiges Vorgehen.
Ungarn und Griechenland blockierten Paket zunächst
Dass das neue Sanktionspaket nicht bereits deutlich früher auf den Weg gebracht werden konnte, lag zuletzt vor allem an Ungarn und Griechenland. Die beiden EU-Staaten blockierten nach Angaben von Diplomaten, weil die Ukraine heimische Unternehmen auf eine Liste mit Unterstützern des russischen Angriffskriegs gesetzt hatte. Ungarn monierte etwa, die betroffene Bank OTP habe gegen keinerlei Gesetze verstoßen.
In früheren Sanktionspaketen wurden ebenfalls Handels- und Finanzbeschränkungen verabschiedet, etwa Vermögenssperren oder EU-Einreiseverbote, aber auch Importbeschränkungen für industrielle Güter. (dpa)