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Ukraine-KriegDeutscher Chemiewaffenexperte glaubt an Vergiftung von Abramowitsch

Lesezeit 3 Minuten
Roman Abramowitsch 2018

Der russische Oligarch Roman Abramowitsch (Archivbild)

Kiew – Wurden Roman Abramowitsch, der ukrainische Delegierte Rustem Umerov und ein weiterer russischer Unterhändler vergiftet? Der Fall um die mutmaßliche Vergiftung nach den Friedensverhandlungen im Krieg um die Ukraine am 3. März hat hohe Wellen geschlagen. Der russische Oligarch hatte über zahlreiche Symptome geklagt. Die Untersuchung des Falls ist kompliziert, eine eindeutige Einschätzung lässt sich aktuell nicht vornehmen. Ein deutscher Chemiewaffenexperte hält die Vergiftung anhand der beschrieben Symptome für glaubwürdig.

„Ich war nicht direkt an den Untersuchungen beteiligt, doch viele Zeichen deuten auf eine Vergiftung hin“, sagt Marc-Michael Blum dieser Zeitung. Blum untersucht seit mehr als 20 Jahren chemische und biologische Waffen. Zwischen 2012 und 2019 arbeitete er für die Organisation für das Verbot chemischer Waffen.

Marc-Michael Blum

Marc-Michael Blum

Die internationale Organisation mit Sitz in Den Haag überprüft die Einhaltung von Chemiewaffen-Konventionen. Er leitete 2018 das Labor der Organisation und das Team, das den Skripal-Vergiftungsfall untersuchte und das verbotene Gift Nowitschok nachwies. Blum gab auch dem „Spiegel“ eine Einschätzung im Fall Abramowitsch.

Mutmaßliche Vergiftung: Beteiligte klagen über gleiche Symptome

Die Vergiftung von Roman Abramowitsch und den beiden weiteren Personen hält Experte Blum für „sehr wahrscheinlich“. Dafür sieht er mehrere Gründe: „Alle drei sagen aus, dass sie zur gleichen Zeit die gleichen Symptome gehabt haben, das kann kein Zufall sein“, so Blum. Dass drei Personen zeitgleich über sehr ähnliche Symptome klagen, mache eine Vergiftung wahrscheinlicher.

Abramowitsch, der ukrainische Delegierte und der russische Unterhändler hatten von kurzzeitigem Sehverlust, sich ablösender Haut und Hautreizungen berichtet. Man könne es sich als „Sonnenbrand-Effekt“ vorstellen, schätzt Blum die Beschreibungen ein. Das „Wallstreet Journal“ und das Recherchenetzwerk „Bellingcat“ hatten die Berichte veröffentlicht.

Chemiewaffenexperte sieht vier mögliche Wege für Gifteinsatz

„Wenn wir davon ausgehen, dass die drei Personen vergiftet wurden, dann muss man sich fragen, wie sie mit dem Gift in Kontakt kamen“, erklärt Blum. „Für diese Symptome sind eigentlich nur vier Wege möglich: Dämpfe, Aerosole, Hautkontakt oder als Nahrungsaufnahme.“

Da die Hautreizung und –ablösungen aber vor allem im Gesicht aufgetreten sind, und nicht etwa an den Händen, hält Blum einen Giftkontakt via Berührung für unwahrscheinlich. „Vermutlich hätte man es sonst etwa auch an den Händen bemerkt. Hinzu kommt, dass die Reizungen an Stellen auftraten, die typischerweise nicht von Kleidung bedeckt waren, was Dämpfe oder Aerosole wahrscheinlicher macht.“

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Auch den Weg der Nahrungsaufnahme schließt Blum nach bisherigen Informationen aus: „Alle drei Personen berichteten davon, das gleiche gegessen und getrunken zu haben. Außerdem äußerte sich eine weitere Person der Friedensverhandlungen, die zwar das gleiche gegessen, aber keine Symptome habe“, sagt Blum. Laut Angaben der „New York Times“ hätten alle drei während der Verhandlungen, die sich bis 22 Uhr gezogen hätten, nur Wasser getrunken und etwas Schokolade gegessen. In der Nacht hätten sie dann die ersten Symptome gespürt, heißt es weiter.

Die Untersuchungen zu dem Fall gehen weiter, ob es tatsächlich zu einer Vergiftung kam, ist bislang nicht abschließend geklärt.