„Gott selbst“ habe Putin das Amt als Kremlchef anvertraut, erklärte Patriarch Kyrill. Die Amtseinführung wurde zur „feudalen“ Inszenierung.
„Von Gott selbst anvertraut“Putin tritt fünfte Amtszeit an – und lässt „seine Vasallen antanzen“
Kremlchef Wladimir Putin hat am Dienstag offiziell seine fünfte Amtszeit als Präsident Russlands angetreten. Der 71-Jährige wurde bei einer Zeremonie im Kreml in Moskau vereidigt. „Russland zu dienen ist eine große Ehre, Verantwortung und heilige Pflicht“, sagte Putin. Russland werde „gestärkt“ hervorgehen aus „dieser schwierigen Zeit“, fügte er vor dem Hintergrund des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hinzu. „Gemeinsam werden wir obsiegen“, gab Putin die Marschrichtung vor, nachdem er erneut von einer „tausendjährigen Geschichte“ Russlands gesprochen hatte.
Putin führt Russland seit der Jahrtausendwende als Präsident oder Ministerpräsident. Im März hatte die Wahlkommission erklärt, Putin sei mit 87,28 Prozent der Stimmen für eine fünfte Amtszeit gewählt worden. Bei der „Wahl“ war die Opposition weitgehend ausgeschaltet gewesen. International war mehrheitlich von einer Scheinwahl die Rede. Die Ukraine erkennt Putin nicht als Staatschef Russlands an.
Inszenierung Putins als „Heiliger“ im russischen Fernsehen
Nach seiner Wiederwahl kann Putin nun bis 2030 regieren. Gemäß einer Verfassungsreform aus dem Jahr 2020 könnte er anschließend sogar erneut kandidieren und bis 2036 an der Macht bleiben. Zu Putins Amtseinführung, die live im russischen Fernsehen übertragen wurde, waren auch ausländische Diplomaten eingeladen. EU-Länder wie Deutschland, Polen und Tschechien hatten aber angekündigt, keine Vertreter zu der Zeremonie zu entsenden.
Bei der Zeremonie gab es zudem einige Besonderheiten. So waren erstmals auch Kinder zu Amtseinführung des Kremlchefs eingeladen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Ria. Kinder von in der Ukraine gefallenen Soldaten waren demnach bei der Zeremonie anwesend. Insgesamt hätten rund 2.600 Gäste teilgenommen, berichtete Ria weiter.
Nach der Zeremonie im Kreml wurde Putin dann schließlich noch von seinem treuen Unterstützer Patriarch Kyrill bei einem Gottesdienst „für den Dienst am Vaterland“ gesegnet. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche beließ es jedoch nicht dabei, sondern erklärte auch „Gott selbst“ habe Putin das Amt als Präsident anvertraut.
Auch weitere loyale Unterstützer Putins sprachen dem Kremlchef ihre Glückwünsche aus. Er erwarte einen „Sieg für Russland und Wohlstand für unser Land unter der Führung von Präsident Putin“, erklärte etwa der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew. Außerdem nahmen der russische Premierminister Michail Mischustin, Verteidigungsminister Sergei Schoigu, der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin und Tschetschenenanführer Ramsan Kadyrow an der Zeremonie in Moskau teil.
Unterstützer sprechen Putin ihre Glückwünsche aus
Kadyrow nutzte seinen Auftritt prompt, um kriegerische Worte loszuwerden. „Ich glaube, dass wir aktiver angreifen müssen, wir müssen hart zuschlagen, solange noch Zeit ist, müssen wir das nächstgelegene Territorium einnehmen“, forderte der als „Putins Bluthund“ bekannte Tschetschene die Einnahme der ukrainischen Großstädte Charkiw und Odessa – und unterstrich damit, dass Russland weiterhin plant, sich große Teile der Ukraine zu eigen zu machen.
Russische Medien berichteten unterdessen am Dienstag über massive Einschränkung bei Internet und Telefonie in Moskau zum Zeitpunkt der Zeremonie im Kreml. Die Kommunikation im Zentrum Moskaus sei „vollständig unterbrochen“ worden, hieß es in russischen Telegram-Kanälen. „Superstarke Störsender haben GSM und Internet in den Gebieten um den Kreml unterbrochen. Weder Messenger noch Browser oder Navigation funktionieren“, hieß es weiter.
Die Inszenierung Putins als „Heiliger“ war von Russland-Experten erwartet worden. Die Amtseinführung sei ein „feudales Event“, hatte der Historiker Matthäus Wehowski bereits vor der Veranstaltung im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) geschrieben. „Der Präsident Russlands inszeniert sich als neuer ‚Zar‘ und lässt seine Vasallen antanzen“, fügte Wehowski an.