Nach der Panzer-Entscheidung in Berlin rechnet SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mit Kritikern des Kanzlers ab – und kriegt prompt Kontra von Carlo Masala.
Rüffel für Scholz-Kritiker„Unter aller Kanone“ – Rolf Mützenich teilt aus, Carlo Masala kontert
Der Kölner SPD-Politiker Rolf Mützenich hat mit scharfen Worten Kritiker zurechtgewiesen, die Bundeskanzler Olaf Scholz zu langes Zögern bei der Entsendung von Leopard-Panzern in die Ukraine ankreiden und damit für Empörung unter Experten gesorgt.
Der Sicherheitsexperte Carlo Masala reagierte umgehend auf die Vorwürfe, die auch „angeblichen Expertinnen und Experten“ galten. „Es ist das eine, wenn Mützenich uns kritisiert, aber zu behaupten, wir machen das aus Egogründen und ‚helfen‘ Moskau dabei, ist unter aller Kanone“, schrieb der in Köln aufgewachsene Masala bei Twitter.
Leopard-Lieferung: Rolf Mützenich verteidigt Olaf Scholz
Zuvor hatte Mützenich sich mit einem Brief an die SPD-Bundestagsabgeordneten gewandt, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. „Die ständigen Querschüsse haben mehr geschadet als genutzt und das eng abgestimmte Vorgehen gefährdet. All die vorschnellen Urteile lösen sich in heiße Luft auf. Weder bremst Deutschland noch ist es isoliert“, schrieb der SPD-Fraktionschef demnach in dem Brief.
„Statt lautstarkem Getöse wäre künftig vielleicht etwas mehr Demut und Zurückhaltung angebracht“, riet er. „Diplomatische Verhandlungen erfolgen vertraulich, man führt sie nicht in den Medien oder unter Einbeziehung angeblicher Expertinnen und Experten, die sich so zahlreich in den Talkshows mit nicht immer gut gemeinten und durchdachten Ratschlägen zu Wort melden“, kritisierte Mützenich weiter.
Rolf Mützenich schreibt von „angeblichen Expertinnen und Experten“
Die Expertinnen und Experten würden nicht den „Stand und Gehalt“ von Verabredungen mit Partnern kennen. „Jeder Zwischenruf, der ja oft allein zur Selbstdarstellung geäußert wird, muss in Moskau falsch gedeutet werden“, schrieb Mützenich weiter.
Masala reagierte mit scharfen Worten auf die Vorwürfe Mützenichs. Mit seinen Ausführungen schere der SPD-Politiker alle Expertinnen und Experten „über einen Kamm“, schrieb der Professor für internationale Politik an der Bundeswehr-Universität in München. „Und das von einem Mann, der Moskau immer wieder versicherte, dass wir keine Waffen liefern“, kritisierte Masala. „Halten Sie doch ihr Gesicht hin und erklären der Bevölkerung die Dinge. Dann müssen wir es nicht machen“, hieß es weiter.
Carlo Masala wehrt sich gegen Rolf Mützenich: „Übrig bleiben Eure Claqueure“
Gleichwohl räumte Masala ein, dass Mützenich wörtlich nicht geschrieben habe, dass Moskau so „geholfen“ werde – „er drückt es subtiler aus“, so Masala. Dann richtete sich der Politikwissenschaftler an die SPD-Fraktion: „Viel Spaß damit, demnächst Eure Expertinnen für Veranstaltungen zu finden. Übrig bleiben Eure Claqueure“.
„Die Art und Weise, wie in der Kanzlerpartei über Experten und Wissenschaftler gesprochen wird, ist wirklich unter aller Kanone“, kritisierte auch die für den Bundestag als Politikberaterin tätige Anchalee Rüland mit einer Wortmeldung auf Twitter. Auch bei der Kölner CDU-Politikerin Serap Güler trafen Mützenichs Worte auf wenig Gegenliebe. „Niemand hat’s so schwer wie Mützenich in diesem Krieg“, schrieb sie – offensichtlich sarkastisch gemeint – bei Twitter.
Auch die profilierte Sicherheitsexpertin Claudia Major äußerte sich zu Mützenichs Worten. „Sachliche Kritik immer gern“, schrieb sie bei Twitter. „Undifferenzierte Unterstellungen“ und das „Infragestellen von Kompetenz“ bei Expertinnen und Experten, die „nicht auf SPD-Linie sind“, seien jedoch „beunruhigend und ein Armutszeugnis“. Es gehe darum, voneinander zu lernen, so Major. „Viel Spaß dann, wenn nur noch Gefolgschaft zählt“, fügte sie an.
Serap Güler: „Niemand hat’s so schwer wie Mützenich in diesem Krieg“
Öffentliche Kritik an Scholz und dem wochenlangen Hin und Her in der Panzer-Frage hatte es in den letzten Wochen aus der Union gegeben, aber auch von einigen Politikern der Koalitionspartner Grüne und FDP und von vielen nationalen und internationalen Sicherheitsexperten.
Mützenich erklärte unterdessen weiter, die Bundesregierung handele nun verantwortungsvoll im Gleichschritt mit den USA, Frankreich und den anderen Partnern. Dieses gemeinsame Vorgehen der drei Nato-Partner geht nach seiner Darstellung zurück auf ein Telefonat von Scholz mit US-Präsident Joe Biden Anfang Januar.
„Die jetzige Entscheidung wurde über Wochen abgestimmt und vorbereitet“, bilanzierte er. Scholz habe dabei die klare Haltung vertreten, dies nicht im deutschen Alleingang zu entscheiden, sondern in enger Absprache und zusammen mit den engsten Verbündeten. „Diese Überzeugung, die dazu dient, Schaden von unserem Land abzuwenden, hat Olaf trotz des medialen Trommelfeuers, das gefüttert wurde von der Opposition und einzelnen Mitgliedern unserer Koalitionspartner, konsequent verfolgt.“
Nach langem Zögern liefert Deutschland zunächst 14 Leopard-2-Kampfpanzer in die Ukraine. Die USA wollen unterdessen 31 Abrams-Kampfpanzer entsenden. Auch von Frankreich wird ein entsprechender Schritt erwartet. (mit dpa)