Wie reagiert Kiew? Was sagt die Politik? Welche Töne kommen aus dem Kreml und was sagen Experten? Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat die Reaktionen zur Panzer-Entscheidung in Berlin gesammelt.
Reaktionen auf Leopard-Lieferung„Heute betrinke ich mich mit meinem liebsten deutschen Bier“
Nach einem langen Abwägungszeitraum ist nun klar: Deutschland liefert in einem ersten Schritt 14 Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine. Das gab Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch im Bundestag bekannt. Zuvor hatte am Dienstagabend bereits der „Spiegel“ entsprechend berichtet, nachdem in den USA in ersten Medienberichten durchgesickert war, dass auch das Weiße Haus sich offenbar dazu entschlossen hat, Abrams-Kampfpanzer an Kiew zu liefern. Offiziell bestätigt ist die amerikanische Lieferung derweil noch nicht, was mittlerweile jedoch nur noch als Formsache gilt.
So reagiert die Ukraine: „Hallelujah“
In der Ukraine wird die Entscheidung in Berlin teilweise überschwänglich gefeiert. „Hallelujah“, schrieb der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, als die Nachricht am Dienstagabend um die Welt ging – und forderte prompt, nun auch Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Melnyk bezeichnete die Entscheidung zudem als „Panzer-Doppelwumms“ des Bundeskanzlers und kündigte an: „Yee-haw! Heute betrinke ich mich mit meinem liebsten deutschen Bier“. Er sei „einfach nur glücklich“, schrieb der ehemalige Botschafter. „Vielen Dank für all Ihre großartige Hilfe“, wandte er sich an „meine lieben Freunde in Deutschland“.
„Ein erster Schritt ist gemacht“, erklärte Präsidialamtsleiter Andrij Jermak unterdessen am Mittwoch im Onlinedienst Telegram. Der nächste Schritt sei die Bildung einer „Panzer-Koalition“, schrieb Jermak: „Wir brauchen eine Menge Leoparden.“ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich am Mittwoch ebenfalls zur Entscheidung in Berlin. „Ich habe soeben in einem Gespräch mit Olaf Scholz von diesen wichtigen und zeitgemäßen Entscheidungen erfahren“, schrieb Selenskyj bei Twitter. „Herzlichen Dank an den Bundeskanzler und alle unsere Freunde in Deutschland.“
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So reagiert Russland: „Panzer werden brennen“
In Moskau reagierte man unterdessen ungehalten auf die baldigen Lieferungen von Leopard-2-Panzern. „Diese Panzer werden wie alle anderen brennen. Sie sind nur sehr teuer“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch vor Journalisten. Er sprach von einem aus technischer Sicht „gescheiterten Plan“. „Das Potenzial, das die ukrainische Armee dadurch erhält, wird überschätzt.“
Zuvor hatte Peskow in dieser Woche bereits vor „unauslöschlichen Spuren“ gewarnt, die eine Lieferung von Panzern in den deutsch-russischen Beziehungen hinterlassen würden. Der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, bezeichnete den Entschluss am Mittwoch unterdessen als „extrem gefährlich“. Der Schritt werde „den Konflikt auf eine neue Ebene der Konfrontation führen“, erklärte Netschajew am Mittwoch im Onlinedienst Telegram. Der Westen befinde sich in einer Logik der „permanenten Eskalation“.
So reagieren Europa und die USA: „Tanke schön!“
Das europäische Ausland zeigt unterdessen großflächige Zustimmung für die Entscheidung in Berlin. In den letzten Wochen hatten vor allem das Baltikum und Polen den Druck auf Scholz in der Panzer-Frage erhöht. Dementsprechend erfreut zeigt man sich nun, über die Entscheidung.
Die polnische Regierung hat Deutschland für die Entscheidung zur Lieferung von Leopard 2-Kampfpanzern an die Ukraine gedankt. „Danke, Kanzler Olaf Scholz“, schrieb Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Mittwoch im Onlinedienst Twitter. Die Entscheidung, Leopard-Panzer in die Ukraine zu schicken, sei „ein großer Schritt“ dahin, die russische Invasion zu stoppen. „Gemeinsam sind wir stärker“, betonte Morawiecki.
Auch der britische Premierminister Rishi Sunak zeigte sich erfreut. Scholz habe „die richtige Entscheidung“ getroffen, erklärte Sunak am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. Ähnlich positiv sieht man den Schritt auch in Paris. Die Entscheidung „baut die Unterstützung weiter aus, die wir mit der Lieferung der AMX10 RC eingeleitet haben“, erklärte der Élysée-Palast am Mittwoch. Spanien kündigte nach der Entscheidung in Berlin derweil an, nun ebenfalls Leopard-Kampfpanzer in die Ukraine liefern zu wollen.
Der Außenminister von Lettland, das zuvor auf die Lieferungen gedrängt hatte, zeigte sich erleichtert. „Ich begrüße die Entscheidung der Bundesregierung, Leopard 2-Panzer in die Ukraine zu schicken und anderen Ländern ein ähnliches Vorgehen zu ermöglichen“, schrieb Edgars Rinkevics am Mittwoch bei Twitter – und drückte mit einem Wortspiel seinen Dank aus: „Tanke schön“, schrieb Rinkevics. Die Grußformel ist in den letzten Stunden populär geworden. Auf Englisch heißen Panzer „Tanks“. Der finnische Außenminister Pekka Haavisto hatte sich bereits am Dienstag erfreut über die Pläne gezeigt.
Aus den USA gibt es bisher nur wenige offizielle Stimmen. Um 18 Uhr europäischer Zeit will US-Präsident Joe Biden sich jedoch zur weiteren Unterstützung der Ukraine durch die USA äußern. Es wird erwartet, dass der Demokrat die Lieferung amerikanischer Kampfpanzer bekannt geben wird.
So reagiert der Bundestag: „Historisches Versagen der SPD“
Die Reaktionen in Deutschland fallen auf die Entscheidung der Bundesregierung unterschiedlich aus – sowohl im In- als auch im Ausland. Während die Ampel-Parteien und auch die Union die Entscheidung des Kanzleramtes befürworten, wird sie von AfD und Linken abgelehnt. Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali sprach von einem „historischen Versagen der SPD“. Der sozialdemokratische Kanzler Olaf Scholz ziehe Deutschland damit immer weiter in den Krieg hinein, twitterte Mohamed Ali am Mittwoch. „Wir brauchen jetzt eine Koalition der Vernunft, eine Friedensbewegung, die Nein zu diesem rot-grün-gelben Kriegskurs sagt!“
Ähnlich lautet die Einschätzung der AfD. Co-Chefin Alice Weidel bewertet die geplante Bereitstellung von Leopard-Panzern für die Ukraine als „verhängnisvolle Entscheidung“. Dies schrieb sie am Mittwoch auf Twitter. „Statt sich über eine weitere Eskalation des Konfliktes Gedanken zu machen, der Schritt zum dritten Weltkrieg ist nicht mehr so weit, sollte sich die internationale Staatengemeinschaft intensiver für Friedensverhandlungen einsetzen“, fordert Weidel.
So reagieren Experten: „Leoparden sind extrem wichtig“
„Wenn man die Ukraine befähigen will, ihre Frühjahrsoffensive durchzuführen, sind diese Leoparden extrem wichtig“, begrüßte der deutsche Sicherheitsexperte Carlo Masala die Entscheidung im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. „Sie können die Ukrainer zu Angriffen zu befähigen, die den Russen Territorium abnehmen.“
Thomas Jäger, Politikwissenschaftler an der Uni Köln, kommentierte derweil die russischen Drohungen im Gespräch mit „phoenix“. „Wie will Russland eskalieren?“, fragte Jäger. „Mehr als kommunizieren kann Russland nicht – es hat einfach keine Optionen und muss hinnehmen, dass die Ukraine von außen unterstützt wird.“ Den Einsatz von Atomwaffen hält der Politikwissenschaftler weiterhin für sehr unwahrscheinlich. „Es gibt weder eine militärische noch eine politische Rationalität für den Einsatz von Nuklearwaffen.“ Bei der Erwähnung der Waffen ginge es dem Kreml lediglich darum, „Angst zu machen“.