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Pistorius spricht von „Sabotage“Zwei durchtrennte Unterseekabel – und ein vielsagender Satz von Putins Berater

Lesezeit 3 Minuten
Boris Pistorius während des Treffens der EU-Verteidigungsminister

Boris Pistorius während des Treffens der EU-Verteidigungsminister

Boris Pistorius geht bei den durchtrennten Unterseekabeln in der Ostsee von Sabotage aus. Schweden leitet Ermittlungen ein.

„Sabotage“ nennt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Fall der Unterbrechung von Unterseekabeln unter anderem zwischen Deutschland und Finnland. „Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind“, sagte Pistorius am Rande des EU-Verteidigungsministertreffens in Brüssel am Dienstag.

Es müsse davon ausgegangen werden, „ohne konkret zu wissen, von wem es kommt, dass es sich um eine hybride Aktion handelt“, fuhr der Minister fort. „Und wir müssen auch davon ausgehen, ohne es schon zu wissen, versteht sich, dass es sich um Sabotage handelt.“ Für Pistorius dürfte vor allem Russland zu den potenziell möglichen Verursachern gehören.

Außenministerium sieht „hybride Kriegsführung böswilliger Akteure“

Auch die schwedischen Behörden ermitteln wegen möglicher Sabotage. Derzeit werde der Tatbestand als Sabotage eingestuft, dies könne sich aber noch ändern, teilte die Polizei des skandinavischen Nato-Landes mit, weitere Informationen wurden zunächst nicht bekannt.

Zuvor hatte das deutsche Außenministerium sich bereits geäußert. Man sei „zutiefst besorgt“ über das durchtrennte Unterseekabel, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem finnischen Außenministerium.

„Unsere europäische Sicherheit ist nicht nur durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht, sondern auch durch hybride Kriegsführung böswilliger Akteure“, hieß es dort. Eine „gründliche Untersuchung“ der Vorfälle sei im Gange, hieß es aus dem Ministerium von Annalena Baerbock (Grüne).

Kaputtes Kabel: Finnischer Konzern geht von äußerer Einwirkung aus

Der finnische Technologiekonzern Cinia hatte zuvor mitgeteilt, dass aus ungeklärten Gründen ein Unterwasserkabel zwischen Deutschland und Finnland durchtrennt sei. Der Defekt an dem Kabel Cinia C-Lion1 sei am Montag festgestellt worden. Aufgrund der Beschädigung seien die über das Kabel bereitgestellten Dienste unterbrochen.

Das 1172 Kilometer lange Glasfaserkabel überträgt seit 2016 Daten zwischen Helsinki und Rostock. Es ist das einzige Untersee-Datenkabel, das direkt von Finnland nach Mitteleuropa führt und verläuft teils über dieselbe Route wie die vor zwei Jahren zerstörten Nord-Stream-Pipelines.

Weiteres Kabel zwischen Schweden und Litauen betroffen

Cinia geht davon aus, dass das Kabel am Grund der Ostsee gebrochen ist und durch äußere Einwirkung durchtrennt wurde, etwa durch einen Anker oder ein Grundschleppnetz. Auf einer Pressekonferenz des Unternehmens hieß es, der Vorfall habe sich in schwedischen Gewässern außerhalb der verkehrsreichsten Schifffahrtsgebiete ereignet. Informationen über vorsätzliche Sabotage liegen demnach bislang nicht vor.

Der schwedische Minister für Zivilverteidigung, Carl-Oskar Bohlin, teilte der Nachrichtenagentur AFP unterdessen mit, dass ein zweites Unterwasserkabel in der Ostsee beschädigt worden sei. „Es ist wichtig klarzustellen, dass wir derzeit zwei Kabel in der Ostsee haben, die nicht funktionieren“, betonte Bohlin.

Experten äußern Sabotageverdacht: „Zufälle gibt’s, die gibt es nicht“

Die schwedische Regierung verfolge die Entwicklungen „sehr genau“ und stehe in Kontakt mit ihren Behörden. Demnach handelt es sich bei dem zweiten beschädigten Kabel um eine Telekommunikationsverbindung zwischen Schweden und Litauen.

Auch unter Experten geht man derweil offenbar von Sabotage an den Unterseekabeln aus. „Zufälle gibt’s, die gibt es nicht“, schrieb etwa Carlo Masala, Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr, auf der Plattform X. Überraschend wäre eine russische Sabotage an den Unterseekabeln für viele Beobachter ohnehin nicht.

Ein vielsagender Satz von Putin-Berater Nikolai Patruschew

Nikolai Patruschew, ehemaliger Sicherheitsratschef und jetziger Berater von Kremlchef Wladimir Putin, hat erst vor wenigen Tagen in einem Interview mit der russischen Zeitung „Kommersant“ Angriffe auf Unterseekabel ins Spiel gebracht.

„Glasfaserkabel, die die Welt miteinander verbinden, könnten angegriffen werden“, warnte Patruschew. So könne „Chaos gesät“ werden, erklärte der Putin-Berater. Patruschew warf dabei den USA und Großbritannien vor, derartige Angriffe zu planen, ohne Belege dafür vorzulegen. „Solche Aussagen sind oft ein Deckmantel für ihre eigenen Absichten“, hieß es zu Patruschews Geraune unterdessen in ukrainischen Medien. (mit afp/dpa)