AboAbonnieren

Neues BKA-LagebildDeutschprachige Dschihadisten warben in NRW für Syrien-Feldzug

Lesezeit 3 Minuten
Menschen sitzen auf einem Platz in Damaskus zusammen.

Unter Führung der islamistischen Terrorgruppe Hai’at Tahrir Al-Sham (HTS) war die syrische Rebellenarmee im November siegreich. Auch deutschsprachige Dschihadisten warben für den Feldzug.

Und sie versuchen permanent, auch hierzulande Kämpfer zu rekrutieren, wie ein internes Lagebild des Bundeskriminalamts zeigt.

Der Sieg der syrischen Rebellenarmee unter der Führung der islamistischen Terrorgruppe Hai’at Tahrir Al-Sham (HTS) fußte untere anderem auf einer massiven Propagandaoffensive. Laut einem internen Lagebild des Bundeskriminalamts (BKA), das der „Kölner Stadt-Anzeiger“ einsehen konnte, warben etliche deutschsprachige Dschihadisten für den Feldzug der HTS. Über ihre Telegramkanäle feierten sie den Vormarsch der „Gotteskrieger“ und schilderten hautnah die neuesten Entwicklungen auf dem Weg nach Homs und Damaskus.

Insgesamt listet das BKA allein in der Region Idlib zirka 100 Kämpfer mit Deutschlandbezug auf. Die Staatsschützer gegen davon aus, dass diese HTS-Anhänger teils auch an den Gefechten beteiligt waren. Zudem gehen die Analytiker davon aus, dass die deutschsprachigen HTS-Dschihadisten in Syrien „mit Personen in Deutschland in Kontakt steht“. Meist handele es sich um Familienmitglieder hierzulande. Daneben aber versuchen zahlreiche Werber Sympathisanten in Deutschland zur Ausreise in die Dschihadregionen zu animieren.

HTS-Anhänger von Staatsanwaltschaft Düsseldorf angeklagt

Seit Jahren agitieren HTS-Anhänger in Deutschland für die syrischen Dschihadisten. Vor zwei Monaten hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf einen mutmaßlichen Unterstützer der Terror-Organisation wegen der Anleitung zu Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat angeklagt. Der 28-jährige Islamist soll im Februar 2020 über einen Mittelsmann 500 Euro an ein HTS-Mitglied geschickt haben.

Im März 2021 lieferte er laut den Strafverfolgern einem unbekannten Kontaktmann über soziale Netzwerke eine Anleitung zum Bombenbau. Auch soll der Angeklagte einen Beitrag aus einem Al-Qaida Magazin gepostet haben, in dem für einen Bitcoin (Wert damals 63.000 Euro) zum Mord an einem Polizisten aufgerufen wurde. Immer wieder glorifizierte der HTS-Anhänger Terroranschläge in Frankreich und Deutschland.

Zum Jahrestag der Terrorattacke mit gekaperten Passagierflugzeugen am 11. September 2001 in den USA verbreitete der Tatverdächtige ein Beiheft aus einem Terror-Magazin, das den Anschlag mit mehr als 3000 Toten feierte und dazu aufrief, ein Studium der Luftfahrt aufzunehmen, um weitere Attentat aus der Luft zu begehen.

BKA: Aktuell keine Gefährdungslage in Deutschland

Aktuell geht das BKA zwar nicht von einer akuten Gefährdungslage durch die HTS in Deutschland aus. Auch rechnet man nicht damit, dass die Organisation die eroberten syrischen Gebiete dazu nutzt, Anschläge in Europa oder Deutschland zu begehen. Eine „Gefährdungsrelevanz für Deutschland“ könnte entstehen, sollte sich die Lage der HTS so verschlechtern, dass Kämpfer die Heimreise nach Deutschland antreten würden. Verstärkt nimmt das BKA die Rekrutierungsversuche der deutschen Dschihadisten mit Kontaktpersonen hierzulande in den Blick.

Zwei Tage nach der geheimen Analyse hatten die Rebellen bereits die syrische Hauptstadt Damaskus am 8. Dezember erobert. Diktator Baschar al-Assad hatte sich nach Russland abgesetzt. Gemeinsam mit türkeinahen und Al-Qaida-Einheiten hatte die HTS am 27. November 2024 von Nordwestsyrien aus unter dem Namen „Deterrence of Aggression“ (deutsch: „Abwehr der Aggressionen“) gestartet. Dabei handelt es sich um die größte HTS- Operation seit 2020 aus der Region Idlib gestartet. Die Organisation gilt als Nachfolger des einstigen regionalen Al-Qaida-Ablegers Jabhat al-Nusra.

Die Ideologie der HTS konzentriert sich auf den „Heiligen Krieg“ gegen das syrische Assad-Regime und dessen Verbündete. In der Folge soll ein radikal-islamischer Gottesstaat errichtet werden. Ferner bekriegen die nationalistischen Dschihadisten die Terror-Miliz „Islamischer Staat“. Als Fernziel propagiert die Vereinigung laut Verlautbarungen die Rückeroberung Jerusalems.